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Auf dieser Seite findet ihr -in den verschiedenen Rubriken unter dem Titelbild- viele nützliche Infos rund um das Thema Vietnam und zudem jede Menge lustig-bis spannende Anekdoten aus meinem Alltag, als Schwiegertochter einer vietnamesischen Familie..

Dienstag, 13. März 2012

(KEO) - Das Ende einer Aera?!

Gerade waren wir noch unser nächtliche Runde mit King Kông.
Schon beim ersten Schritt aus unserer Gasse viel mir auf, dass das junge Ehepaar, die für einige Monate im Haus direkt neben uns gewohnt hatten, heute nicht wie üblich nachts ihre Phở-bò (eine kräftige Rinderbrühe mit Nudeln) auf dem Gehsteig gegenüber verkauft.

Wunderbar zu erkennen, die gelbe "Trennlinie"
Das ist äusserst untypisch, denn die beiden verkaufen sonst tatsächlich 365 Tage im Jahr und selbst zu Anlässen wie Tết (dem vietnamesischen Neujahrsfest) -wo eigentlich das ganze Land still steht-, oder gar einem Todesfall in der Familie stehen die Eltern einer kleinen Tochter jede Nacht -bei Wind und Wetter- auf offener Strasse -bei schlechtem Wetter lediglich geschützt durch eine gespannte Plastikplane- und köcheln ihre Suppe.

Meist wird die Arbeit unter den Familienmitgliedern aufgeteilt
So wie diese Zwei, verkaufen bei uns in Hải Phòng und allen anderen Städten des Landes, rund alle 50 Meter geschäftstüchtige Vietnamesen ab dem frühen Abend bis etwa 2 Uhr, teilweise aber sogar bis in die Morgenstunden hinein, ihre Gerichte an Nachtschwärmer, Schlaflose, Partygänger, Pendler, Spätschichtler oder Frühaufsteher.
Für viele Vietnamesen ist das die einzige Möglichkeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und nicht weniger viele von ihnen Leben derzeit auch davon.

Die obligatorischen Platstikstühlchen
Diese kleinen "Betriebe" sind meist Familienunternehmen, in denen jeder mitanpackt und alles sozusagen noch echte Handarbeit ist.
Die Grossmutter erhitzt die Kohle des kleinen Ofens, auf dem später die Suppen und Speisen stundenlang warmgehalten werden, wäscht und sortiert die Kräuter und Beilagen während die Schwiegertochter und ihr Mann beispielsweise die grossen Knochen für den Sud in handliche Stücke hacken, Geschirr, Sossen und Getränke herrichten um dann alles auf einem Wägelchen zu verstauen, dass zu Fuß an eine Strassenecke in der Umgebung gekarrt wird.
Dort wird Abend für Abend die fahrbare "Küche" aufgebaut, winzige Plastikstühlchen und Tischchen werden aufgestellt, Stäbchen, Servietten, Zahnstocher, Zitronenstückchen, Salate und Würzmittel verteilt, der riesen Kochtopf drapiert und dann können die ersten -von nicht wenigen Gästen- kommen.
Und so wie alles Abend für Abend wieder neu aufgebaut werden muss, wird es natürlich auch jede Nacht wieder abgebaut und kleinsäuberlichst auf den Handkarren geräumt, um wieder nach Hause gezogen zu werden.

Phở bò
Diese Strassenimbisse gehören zu jedem Stadtbild Vietnams und sind im Grunde auch so etwas wie eine Lebenseinstellung für die Leute hier.

Selbst der Abwasch wird bei den typischen Garküchen vor Ort erledigt
Und nun verkündet Tùng mir -die mal wieder gar nichts mitbekommen hat- gerade auf meine verdutzte Feststellung, dass unsere ehemaligen Nachbarn heute gar nicht verkaufen, dass eben ein neues Gesetz erlassen wurde, dass das Aufstellen dieser Garküchen und Verkaufsstände nurnoch an Plätzen gestattet ist, die gewisse Kriterien erfüllen, die zumindest bei uns in der Stadt so gut wie nicht zu finden sind.
Zwar war das Ganze zuvor auch schon nicht so ganz legal, allerdings hat da die Polizei bei einem kleinen "Trinkgeld" im Normalfall noch weggeschaut und die Verkäufer weitestgehend in Ruhe gelassen.

Perfekt organisiert
Als ich meinte, das neue Gesetz sei vielleicht nur eine Art, dass derzeitige "Trinkgeld" etwas zu erhöhen, sagte mein Mann, dass es diesmal einer dieser Beschlüsse wäre, bei denen die Hüter des Gesetztes Anordnung haben, die Augen nicht zuzudrücken.

Das Fleisch für ein Phở gà wird vorbereitet
Finde ich richtig schade und bin in Gedanken bei den vielen, vielen Familien, die nun von einem Tag auf den anderen ohne Einkommensquelle dastehen. Wie sollen die sich und ihre Lieben denn nun ernähren?!
Ausserdem geht so gleich auch noch eine ganze Ecke von dem Gefühl der Sicherheit zu später Stunde draussen auf den Strassen verloren.
Es war doch irgendwie beruhigend, alle paar Meter eine Lichtquelle mit den vertrauten Leuten zu wissen..