Willkommen auf meinem Blog

Auf dieser Seite findet ihr -in den verschiedenen Rubriken unter dem Titelbild- viele nützliche Infos rund um das Thema Vietnam und zudem jede Menge lustig-bis spannende Anekdoten aus meinem Alltag, als Schwiegertochter einer vietnamesischen Familie..

Samstag, 29. September 2012

Tết Trung Thu - Das vietnamesische Kinderfest

Traditionelle T-T-T-Zeichnung
Bevor ich mich wie versprochen den Anredeformeln widme, möchte ich euch aus aktuellem Anlass erst noch etwas über das vietnamesische Mit-Herbstfest, genannt "Tết Trung Thu" erzaehlen.

Tết Trung Thu, dass wohl fröhlichste und bunteste Fest in Vietnam
Es ist das Fest der Kinder und sicher mit eine der bedeutendsten Feierlichkeiten in Vietnam,
dass jeweils am 15. Tag des 8.Mondmonts stattfindet.
Dem westlichen Kalender nach ist das in etwa um Mitte September bis Anfang Oktober herum.
Daher auch der Name "Mit-Herbstfest".

Das Fest, dass Kinderaugen zum leuchten bringt
In der vietnamesischen Volklore wird erzaehlt, dass die Eltern in dieser wichtigen Zeit -naemlich der Erntezeit- so hart arbeiten mussten, dass sie sich nicht um ihre Kinder kümmern konnten.
Sie nutzen dieses Fest als günstige Gelegenheit, um die Vernachlaessigungen wieder gut zu machen und den Kindern ihre Liebe und Wertschaetzung zu bekunden, weshalb "Tết Trung Thu" zustaetzlich noch als "Kinderfest" bekannt ist.

Das Fest, dass ganz den Kindern gewidmet ist
Vergleichbar ist es ein wenig mit dem deutschen Sankt Martins-Tag, denn die Kinder ziehen auch hier mit wunderschönen Laternen -die meistens einen 5-eckigen Stern darstellen- in kleinen Prozessionen durch die Strassen.

Die typischen Sternlaternen
Der Anlass für diese Umzüge unterscheidet sich allerdings enorm von seinem deutschen Pendant.

Die kleinen Lichter der Laternen sollen naemlich laut einer der Sagen, die sich um dieses Fest ranken einem Mann Namens Chú Cuội, der aufgrund eines kleinen "Missgeschicks" seiner Frau auf dem Mond sitzt, den Weg zurück auf die Erde leiten.

Mit diesen Laternen weisen die Kinder Chú Cuội den Weg
Angeblich gab es einst einen Baum mit besonderen Kraeften. Es war verboten, sich an diesem Baum zu erleichtern! Eines Tages, tat die Frau Chú Cuội`s, die Hầng mit Namen hiess, es allerdings doch, woraufhin
der Baum begann in die Höhe zu spriessen.
Der unglückliche Chú Cuội, der sich an einem Ast festgeklammert hatte, wurde mit dem Baum empor gehoben.
Immer weiter und weiter gen Himmel, bis er die Wolken passierte und schliesslich auf dem Mond landete, wo er noch heute festsitzt.

Kinderbuch über den Mann auf dem Mond
(Trotz der etlichen Umzüge übrigens, die seitdem schon stattgefunden haben. Immerhin gibt es diese Festlickeit bereits rund 3000 Jahre. Ich wage also zu bezweifeln, dass der Gute da jemals wieder runterkommen wird) ;)
Aber lassen wir die Kinder ruhig in dem Glauben, dass sie es eines Tages schaffen werden :)
Diese Version der Sage ist aber nicht die einzige. In einer anderen Form ist es Chú Cuội`s Frau Hầng, die dort oben auf dem Mond ihr Dasein fristet.

Die tollpatschige Hầng
Eine weitere Legende erzaehlt vom Ursprung des mystischen Symboles des "Drachenkarpfens" (vietn.Cá hóa Rông). 
Das Bild dieses Karpfens dürfte sogar vielen im Ausland bekannt sein.
Der Geschichte nach war es der grösste Wunsch dieses Karpfens, ein Drache zu sein. Er arbeitete hart dafür und auf diese Weise gelang es ihm letztendlich sogar und er wurde tatsaechlich zu einem Drachen.


Das über die Grenzen Vietnams hinaus bekannte Bild vom Drachenkarpfen
Die Sage soll Kindern lehren, dass sie alles erreichen können, wenn sie nur selbst an sich glauben und für ihre Ziele einstehen.

Althergebrachter Zeichenstil
Neben den Laternenumzügen und diversen Sagen ist es zudem Tradition, dass Formationen aus jungen Profi-oder Amateurtaenzern, die mit glaenzenden und prunkvollen Drachenkostümen bekleidet sind, bereits einige Tage vor dem eigentlichen Festtag von Haus zu Haus ziehen und die Hausherren um Einlass bitten.


Drachentaenzer, die von Haus zu Haus ziehen
Stimmen die Hausherren zu, tritt die Gruppe ein und führt einen von lauten Trommelschlaegen begleiteten Tanz auf, der Glück und Segen über das Haus bringen soll.
Hierfür erhalten die jungen Taenzer dann in der Regel eine kleine "Almose", auch Glücksgeld genannt.
Diese Taenze werden wörtlich übersetzt Löwentaenze (Múa lân od.Múa Sư Tử) genannt, obgleich es ja eigentlich Drachentaenze sind.

Professioneller Drachentanz
Wie zu allen Feierlichkeiten in Vietnam üblich, nutzt man auch die Tết Trung Thu-Zeit, um Verwandte und Bekannte zu besuchen.
Zu diesen Anlaessen werden Geldgeschenke, Spielsachen und Masken an die Kinder verteilt und der traditionelle Mondkuchen wird dem Gastgeber überreicht.

Der Mondkuchen
Dieser Mondkuchen (Bánh Trung Thu)  ist ein -für gewöhnlich- viereckiges, süsses Gebaeck, in dessen Mitte sich ein hartgekochtes Ei befindet.
Ich bin zugegeben kein allzu grosser Fan dieser "Köstlichkeit", aber so gut wie alle hier sind verrückt danach und schon lange im Vorraus, verwandeln sich plötzlich Cafes oder kleine Laeden in Mondkuchen-Fachgeschaefte. 
Tische, Stühle oder Verkaufsthresen werden zur Seite geraeumt- und unzaehlige der herrlichen Schmuckkartons, meist in roter Farbe, in den Raeumlichkeiten aufgetürmt.

Das übliche Strassenbild zu Tết Trung Thu
Neben den vielen Mondkuchen werden zudem auch fast an jeder Ecke lustige Kostüme, Masken und meist wild blinkende Spielsachen für die Kinder angeboten.

Eine der praechtigen Schmuckboxen, die zu T-T-T verschenkt werden
Morgen ist es übrigens schon wieder so weit und wir werden bestimmt mit unserer kleinen zum Opernhaus fahren, um uns eine der atemberaubenden Tanzaufführungen anzusehen, die dort geboten werden. 
Schade eigentlich, denn dann wird auch das all-abendliche, lustige getrommle wieder ein Ende finden. ;)

Die Strassen sind gesaeumt von Spielzeugstaenden
Ich wünsche allen meinen Lesern ebenfalls ein schönes Tết Trung Thu, auch wenn die meisten von euch morgen sicherlich wohl eher auf der Wiesn anzutreffen sein werden! ;)

Dienstag, 25. September 2012

Vietnamesische Namen

Einige von euch haben sich sicher schon gefragt, für was mein Name "Keo" eigentlich steht,
denn im Vietnamesischen haben die Namen stets eine Bedeutung.

Für Mädchen wählt man hauptsächlich Namen, die Sanftheit und Femininität ausdrücken.
Duyên (Anmut), Hương (Duft), Tuyết (Schnee) oder Hạnh (Tugendhaftigkeit)
zum Beispiel.

Sehr grosser Beliebtheit erfreuen sich für weibliche Nachkommen aber auch die Bezeichnungen für Blumen:
Hoa (die Blume selbst), Cúc (Chrysantheme), Lan (Orchidee), Huệ (Lilie), Nhài (Jasmin) usw..

Für Jungen werden hingegen eher Namen gewählt, die Stärke, Kraft und dergleichen kennzeichnen:
Mạnh (Kraft/Stärke), Dũng (Tapferkeit), Phong (Wind), Hùng (Heldenhaftigkeit), ect.

Dinge aus der Natur, die für uns in gewisser Weise Maskulinität verkörpern, sind allerdings auch sehr beliebt für die männlichen Sprösslinge.
Beispiele hierfür sind:
Sơn (Berg), Lâm (Wald) und Hải (Meer).

Darüber hinaus gibt es Namen, deren Bezeichnungen sowohl für Jungen, wie auch Mädchen als passend empfunden werden.
Diese Namen unterscheiden sich dann zwar voneinander, haben aber die gleiche Bedeutung.

So kann z.B. "Fluss" einmal Giang (bei Männern) und ein andermal (bei Frauen) heissen.
Jungen, deren Namen in etwa die tiefe Dankbarkeit gegenüber den eigenen Eltern ausdrückt werden
Hiếu genannt, wohingegen man Mädchen -deren Name das selbe bedeutet- Thảo ruft.

Alles in allem stehen die Namen aber durchweg für positive Eigenschaften.

Das war jedoch nicht immer so, denn früher war das genau Gegenteil der Fall.
Die ausgewählten Namen sollten möglichst hässlich sein, oder zumindest für etwas hässliches stehen.
Dem dörflichen Aberglauben zufolge, sollte dadurch das Kind leichter durchzubringen sein und zudem
geschützt vor Geistern, denen der Raub der Seele des Kindes auf diese Weise angeblich erschwert wurde.

Auch das die einzelnen Namen der Kinder in richtig zusammengesetzter Reihenfolge einen ganzen Satz ergaben war nicht unüblich.
Bei der hohen Anzahl der Nachkommen innerhalb einer Familie war das auch nicht sonderlich schwer zu bewerkstelligen.

Ein weiterer Unterschied von damals zu heute betrifft den Zwischennamen (dazu komme ich gleich).

Vietnamesische Namen setzen sich in der Regel aus 3 Gliedern zusammen:

-Da ist einmal der Familienname (Họ) -am häufigsten vertreten sind zum Beispiel Nguyễn (welcher bald auch mein Familienname sein wird), Trần, Đỗ, Phạm und .
Insgesamt zählt Vietnam an die 300 Familiennamen.
Das für Westler gefühlt alle Vietnamesen Nguyễn heissen (in Wahrheit sind es "lediglich" rund 40 Prozent, die diesen Nachnamen tragen), bedeutet übrigens nicht, dass alle Vietnamesen miteinander verwandt sind.
Der Ursprung dieser Besonderheit ist auf die Kaiserzeit zurückzuführen.
Hier wurde allen Zugehörigen einer Dynastie ein einziger Name, -nämlich der des Kaisers- zugeteilt.

-Als nächstes kommt der Zwischenname (tên đệm/tên lót), an dem man zumeist auch gleich das Geschlecht seines Trägers feststellen kann. Früher war es Brauch, Mädchen mit dem Zwischennamen Thị zu versehen und für männliche Nachkommen wählte man den Zwischennamen Vân.
Auf diese Weise war es recht einfach bereits bei der blossen Nennung des Namens herauszufinden, mit welchem Geschlecht man es zu tun hatte.
Heute ist das nicht mehr so leicht, da die Zwischennamen Thị und Vân zunehmend an Bedeutung verloren haben und immer häufiger durch Namen wie Ngọc, Kim, Đức und einige weitere -die nicht geschlechterspezifisch sind- ersetz werden.

-Zuletzt erfolgt der uns haupstächlich bekannte Name, nämlich der Rufname (im Vietnamesischen tên gọi oder tên húy), den ich am Anfang des Eintrages schon ausführlich beschrieben habe.
Aber auch hier verschwimmen die Grenzen zwischen der definitiven Einteilung für Männer und Frauen so nach und nach.

Im grossen und ganzen kann man aber derzeit durch die Gesamtzusammensetzung des Zwischen-und Vornamens am Ende trotzdem noch einigermaßen erkennen, ob es sich beim "Gegenüber" um eine weibliche oder männliche Person handelt (auch wenn die Person einem eben gerade nicht gegenüber steht) ;)

Links und rechts jeweils die Namen der Eheleute, die hier zufällig beide den Nachnamen Nguyen tragen

Die Tatsache, dass oft auch gleich die kompletten Namen von entscheidenden Persönlichkeiten, Helden oder vergangenen Herrschern vergeben werden, erleichtert das Zuordnen zudem.

Schliesslich lernt hier jedes Kind bereits in der Schule, dass Minh Khai eine berühmte Nationalheldin war (die mit vollem Namen übrigens noch bezeichnend "Nguyễn Thị Minh Khai" hiess) und folglich Leute mit Namen "Minh Khai" im Normalfall weiblicher Natur sein müssen.

Bei einer Heirat unter Vietnamesen ist es übrigens anders als bei uns Sitte, dass beide Ehepartner ihren Geburtsnamen weiterführen und kein gemeinsamer Familienname gewählt wird, auch wenn das Gesetz diese Möglichkeit nicht ausschliesst.

Mein Mann und ich haben uns trotzdem darauf geeinigt, künftig einen gemeinsamen Ehenamen zu tragen,
da es im Alltag sicher einiges erleichtern wird und wir ausserdem hier beide etwas "altmodisch" veranlagt- und deshalb der Auffassung sind, auf diese Weise unsere Zugehörig- oder besser Zusammengehörigkeit ausdrücken zu können.

Früher war es - wenigstens im Umgang bzw der Kommunikation der Bevölkerung untereinander- durchaus auch in Vietnam üblich, eine Frau nach der Heirat zumindest mit dem Namen ihres Ehemannes zu betiteln.

Aus einer "Phạm Minh Cúc" wurde nach einer Hochzeit -wenn der Gatte beispielsweise den Namen "Nguyễn Khanh Trường" trug- dann einfach: "Bà (was die höfliche Anrede für eine Dame ist) Trường".
Auch heutzutage nutzen viele ältere Menschen hin und wieder noch diese Form der Anrede.

Neben der Zusammensetzung des gewöhnlichen Namens bestehend aus dem Nach-, Zwischen- und Vornamen und der Anredeform über den Namen des Ehemannes gibt es -als wäre das für den normalen Westler noch nicht kompliziert genug- zusätzlich noch eine dritte Variante. ;)
Diese wird häufig für Kinder- und Personen die einem nahestehen verwandt.
Vergleichbar ist sie mit dem uns geläufigen Kosenamen und wird "tên biệt hiệu" genannt.

Für den "tên biệt hiệu" werden bevorzugt, treffende Eigenschaften oder markante Merkmale gewählt.

So wird unsere Tochter zum Beispiel "Bi" (Murmel, Kugel) gerufen, weil sie schon als Kleinkind so wunderschöne und besonders auffällige Kulleraugen hatte.
Der Sohn eines unserer Freunde wird liebevoll "cỏ" genannt, da sein Charakter -laut seiner Eltern- bildlich wohl am passendsten mit einem Grasshalm zu umschreiben wäre, der sanft vom Wind hin-und hergeweht wird.

Die Anlässe und Gründe für die Wahl solcher Kosenamen und deren Interpretation, obliegt aber den Namensgebern und ist von Fall zu Fall bestimmt auch unterschiedlich.
Am geläufigsten sind sicherlich "Bi" (Kugel, Murmel), "Còi" (etwa wie "winzig", von kleiner Statur) oder Cún (vergleichbar mit "Welpe", "Junges").

Auch Aussagen über die Körperform werden gerne als Namenszusätze genutzt.
Ein Junge Hùng heisst und vielleicht etwas rundlich ist, wird so dann beispielsweise zu "Hùng béo", also dem "dicken Hùng", ein Mädchen mit Namen Mi, dass besonders dünn ist, wird demnach zu "Mi gây" (der dünnen Mi) usw..

Dadurch das sämtliche Namen so häufig vertreten sind, ist im Prinzip jedes Mittel recht, welches für die Zuordnung eines Namens -zu einer bestimmten Person- behilflich ist.

Mein Spitzname "Keo" (was übersetzt "Kleber" ist und nach dem auch meine Seite benannt ist),
ist zwar wirklich nicht sonderlich schön, tragen tue ich diesen Namen trotzdem gern, da er von meiner besten Freundin stammt, die ihn mir bereits in sehr jungen Jahren zugeteilt hat.
Die schlichte Wahlbegründung ist mein -noch aktueller- Familienname.
(Man kann sich vorstellen, was ich in meiner Schulzeit durchmachen musste..umso mehr freue ich mich, bald den Namen meines Mannes tragen zu können) ;)

Als ich nach Vietnam kam, wurde ich regelmässig -der Einfachheit wegen- nach einem vietnamesischen Namen gefragt und weil mir da auf die schnelle nichts besseres einfiel und anh Tùng (Wasserfichte od.Chinazypresse) jetzt auch nicht unbedingt zur kreativsten Gattung gehört, war es eben auch hier noch Keo und wird es bestimmt auch bis in alle Ewigkeit bleiben, weil die Leute sich einfach schon daran gewöhnt haben, dass ich Keo bin.
Naja...shit happens ;)

Spätestens wenn ich endlich in Besitz der langersehnten vietnamesischen Staatsbürgerschaft gelange, wird das "berichtigt", denn jeder Bürger, der einen vietnamesischen Pass hat, ist zum Tragen eines ebenfalls vietnamesischen Namens verpflichtet.
Den Familiennamen hätte ich bis dahin ja wenigstens schon mal und für den Vornamen würde ich mir dann mit Sicherheit etwas schöneres einfallen lassen ;)

Abschliessend ist zu sagen, dass der vietnamesischen Namenswahl im Grunde genommen keine Grenzen gesetzt sind und jede nur erdenkbare Bezeichnung und Konstellation möglich ist.

Beim nächsten Mal werde ich nochmal genauer auf die diversen Anredeformeln eingehen.

Wer die Kiste mit den verschiedenen Namen schon verwirrend fand, der wird bei diesem Thema dann erst so richtig viel Spass haben.. ;)

Freitag, 21. September 2012

Wenn Schwiegermütter krank sind..

..dann können sie zur Abwechslung sogar auch mal richtig zahm werden!

Zumindest, wenn man ihnen ein bisschen Angst dazu macht hehe ;)

Eigentlich hätten wir letzten Sonntag Abends zum Essen zu meiner Schwiegermutter gehen sollen.
Daraus wurde aber nicht, denn kurz bevor wir zu ihr gehen wollten (ihr Haus liegt ja nur eine halbe Gehminute von unserem entfernt) erreichte uns ein Anruf von unserer Kleinen, die uns mitteilte,
dass es der Oma ganz schlecht gehen würde und sie scheinbar grosse Schmerzen hätte.

Bereits am Nachmittag muss anh Tungs Mutter beim Arzt gewesen sein, der ihr mitteilte
dass es vermutlich eine Blinddarm Entzündung sein müsste und dass sie morgen früh ins
Krankenhaus fahren solle.

Ein Vater hält Wache am Krankenbett seiner Tochter
Dass so ein Blinddarm auch brechen kann und sich die Krankheit somit binnen kürze zur
Lebensbedrohung  steigert, weiss man eigentlich auch in Vietnam,
weshalb ich es nur noch unverantwortlicher fand, dass der Krankenhausbesuch erst am nächsten
Morgen erfolgen sollte.

Aber meine Schwiegermutter, die immer Stärke und Macht verkörpert, ließ sich selbstverständlich
nicht beirren und wollte von einer von uns vorgeschlagenen Fahrt in die Notaufnahme demnach nichts hören.
Auch mein Angebot, die Nacht vorsichtshalber bei ihr zu verbringen lehnte sie mit den Worten ab, dass das doch überhaupt nicht nötig sei.

Gott sei Dank gab es in der Nacht keine weiteren Probleme mehr und am darauf folgenden Tag brachten wir sie umgehend in die Klinik.

Das Viet-Tiep Krankenhaus in Hai Phong hat in der Stadt einen recht guten Ruf und seit wenigen Jahren nun auch einen neuen, hoch modernen Bau, der jeder besseren deutschen Privatklinik wohl in nichts nachstehen dürfte.
Ausgestatte mit der neuesten Technik und Ärzten die allesamt im Ausland promoviert haben,
schätze selbst ich -die mit westlichen Standard aufgewachsen ist- diesen Teil des Viet-Tiep`s (was übersetzt soviel wie das Vietnamesisch-Tschechisches Freundschafts-Krankenhaus heisst) als Adresse des Vertrauens.

Ein Gemisch aus Patienten und Angehörigen
Im letzten oder vorletzten Jahr, als bei mir der Verdacht eines Rezidivs meines Morbus Hodgkin bestand, ließ ich mich dort untersuchen und war wirklich begeistert.
Sowohl über die fachlichen Kompetenzen des Arztes (dessen Diagnose ich Anfangs misstraute, die sich allerdings als vollkommen richtig erwies), als auch dem Gesamtzustand und -bild des Hospitzes.

Ein gravierender Unterschied zum alten Teil der Klinik ist der, dass dort keine Bestechungsgelder angenommen werden dürfen und ..-es auch tatsächlich nicht werden!

So wird jeder Patient gleich behandelt und es kann sichergestellt werden, dass man nicht auf einer Bahre verblutet, weil der Arzt zuerst die Leute behandelt, die ihm vorher mehr Geld zugesteckt haben..

Meine Schwiegermutter fragte am Empfang fast ein wenig ängstlich und ungläubig, ob sie denn ihre Versicherungskarte auch abgeben könne, was die Empfangsdame bestätigte und die Mutter meines Mannes (die trotz oder gerade wegen ihres enormen Reichtums ziemlich auf ihr Geld bedacht ist) zu einem erfreuten aufquiecken veranlasste. :)

Aber ich schon zu weit vorraus und muss nochmal ein Stück zurück in den Ereignissen dieses Morgens.

Die Pflege der Angehörigen ist in Vietnam für gewöhnlich Familiensache
Meine Schwiegermutter steuerte nämlich zunächst einmal den ursprünglichen Trakt der Klinik an.
Dort wurde sie auf eine Liege gelegt und von einem wirklich noch blutjungen Arzt untersucht, der dementsprechend unsicher wurde, als wir an diversen Stellen nachhackten.

Er drückte ein wenig an ihrem Unterleib herum und fragte nach Art und Stärke der Schmerzen,
welche meine Schwiegermutter natürlich wieder beschwichtigte.
Erst als ich sie eindringlich ansah und ihr erklärte, dass sie die Wahrheit sagen solle und nicht die Starke markieren müsse, weil es sonst unter Umständen wirklich gefährlich für sie werden könnte, gab sie zu, dass es doch heftiger war, als Anfangs behauptet.

Nach einigem Überlegen meinte der Jüngling in Weiss dann, dass es der Blinddarm sei, aber die Sache noch nicht so akut wäre, dass man sie dabehalten müsse.
Lediglich wenn sich ihr Zustand verschlimmern würde und sie zusätzlich noch Fieber bekäme,
sollten wir unverzüglich wiederkommen.

Wir -die wir uns jedoch aufrichtige Sorgen um unsere Mutter machten- (in Vietnam wird auch die Mutter des Ehemannes oder der Ehefrau einfach nur "Me", also "Mutter" vom Schwiegerkind genannt),
gaben uns damit nicht zufrieden und bohrten mit der Gefahr eines Durchbruchs nach,
was den jungen Doktor zögern ließ.

Nach erneutem Überlegen bot er uns dann an, meine Schwiegermutter doch einige Tage zur Beobachtung dazubehalten und eine Heimkehr nur auf eigene Verantwortung zu genehmigen.
Es sei allein unsere Entscheidung.

Üblicher Anblick eines vietnamesischen Krankenzimmers
Im Krankenhaus liegen zu bleiben, ohne bereits am Sterben zu sein, kam für anh Tungs Mama jedoch nicht in Frage und sie bestand auf die Entlassung und wir zogen von dannen.

Draussen vor dem Gebäude, als mein Mann gerade das Motorrad holen ging, redete ich meiner Schwiegermutter aber erneut ins Gewissen und machte ihr klar, dass ihr unbedingter Drang danach, nur ja keine Schwäche zu zeigen sie womöglich ins Grab bringen könnte und das, obwohl die Krankheit im Normalfall keine allzu tragische Geschichte ist.

Das jagte ihr dann doch ganz schön Angst ein und sie begann zu zögern.
Dieses Zögern nutzte ich aus und überredete sie dazu, sich wenigstens noch eine zweite, meiner Meinung nach ordentliche Meinung im Neubau des Viet-Tiep`s einzuholen.

So standen wir dann also zu dritt wenig später an dessen Empfang.
Obwohl das Spital bedeutend besser besucht war, als zu der Zeit, in der ich mich dort hatte untersuchen lassen, ging es zügig voran und wir kamen rasch weiter.

Wer Geld, aber keine Zeit hat, kann sich auch "Pflegerinnen" mieten
Sie wurde vom behandelnden Arzt zum Ultraschall geschickt und während sie diesen über sich "ergehen" ließ, machten anh Tung und ich es uns im Wartebereich gemütlich und blickten auf einen der vielen Bildschirme, die über unseren Köpfen von der Decke hingen.

Ich traute meinen Augen nicht, als ich erkannte, was da gerade über die Mattscheibe zu laufen schien:
Die "Wanderung" einer Sonde durch irgendwelche Körperhöhlen.
Sehr appetitlich das Ganze. Besonders aus Perspektive des Sonden-Kopfes.

Als das Bild abrut unterbrochen wurde und sich kurz darauf die Tür eines Untersuchungszimmers öffnete und ein Patient heraustrat, machte sich ein leiser Verdacht breit, der sich beim nächsten Patienten scheinbar bestätigte, denn just in dem Moment, in dem der junge Mann im Raum verschwunden war, gabs eine neue Folge des Ekel-TV`s und noch ein weiterer vermutlich Erkrankter bescherte uns eine Episode, woraufhin ich lachend zu Tung meinte, ob dass tatsächlich die Live-Übertragung der Innereien seien woraufhin er mich im Gegenzug darauf aufmerksam machte, dass oben am Rand doch ganz klein der Name der jeweiligen Person für die Angehörigen abgebildet sei.

Sachen gibts... :)

Bevor ich aber weiter meine neue Lieblingsserie verfolgen konnte, erschien endlich meine Schwiegermutter mit positiven Neuigkeiten, denn die Untersuchungen hatten ergeben, dass es sich wohl nicht wie zuvor festgestellt um den Blinddarm handelte. Sie sah richtig erleichtert aus und freute sich, dass ihr doch nichts fehlte.

Reicht der Platz nicht, teilen sich die Patienten und Angehörige eben die Betten
"Wenn dir aber nichts fehlt, woher kommen dann die Schmerzen?!" wollte ich von ihr wissen.
So erklärte sie mir, dass sie früher an dieser Stelle operiert worden sei und die Schmerzen daher rührten.

Da hatten wir beide also nochmal Glück gehabt.

Anh Tungs Mama, weil ihr eine O.P. mit anschliessenden, sicher mindestens einwöchigen Krankenhausaufenthalt erspart blieb und ich, weil mir diese Woche ebenfalls erspart blieb, denn in Vietnam ist die Pflege der Patienten Sache der Angehörigen.

Essen verabreichen, das Stützen auf dem Gang zur Toilette, das Waschen, das Eincremen mit Wundsalben, Verabreichung von Tabletten usw..all das wird hier nicht von Ärzten oder Schwestern erledigt sondern von Seiten der Familie und in der Regel fällt diese Aufgabe der Schwiegertochter zu.
Ist der Kranke männlich, kümmert sich häufig auch ein Sohn, Bruder oder sonstiger, ebenfalls männlicher Verwandter um ihn, um Peinlichkeiten und Scham zu vermeiden.

Das Mitglied, dass zur Versorgung auserkoren wurde, richtet sich zumeist gleich im Nachbarbett-, oder auf einer aufgestellten Liege, für den Zeitraum der Behandlung mit ein.

Bin ich also ohne viel Aufwand trotzdem nochmal gut bei ihr weggekommen hehe ;)



Donnerstag, 13. September 2012

Treibjagd

[Ersteinmal vorweg: Mach dir bitte keine allzu grossen Sorgen, wenn du das hier liest meine liebe, süsse Prinzessin. Wir wissen jetzt ja definitiv bescheid und werden deshalb natürlich nun verstärkt auf King Kongs und unsere Sicherheit achten. Ich bespreche das aber auch noch in Ruhe mit dir. Hab dich soooo sooo lieb mein Engel! Mach dir keinen Kopf wegen der Sache.]

Diejenigen von euch, die mich vielleicht durch das Forum oder von privat her etwas besser kennen, wissen sicherlich auch, dass ich regelmässig auch nachts nochmal eine Runde drehe.

Dabei habe ich mich stets sicher gefühlt und tatsächlich gab es in den vorangegangenen zwei Jahren nicht ein einziges Mal auch nur den geringsten Anlass dazu, sich Sorgen machen- oder gar echte Angst haben zu müssen.

Das hat sich seit der Nacht- oder genauer gesagt in der Nacht von Mikas verschwinden vor einigen Tagen (von dem ich euch am Sonntag im Blog berichtet hatte), nun schlagartig geändert.

Um die Zusammenhänge besser verstehen zu können, rate ich euch, euch zunächst einmal diese Geschichte durchzulesen, falls ihr sie noch nicht kennt und erst dann hier fortzufahren.
Unter "Ein schwarzer Tag" könnt ihr das nochmal nachlesen.

Wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, war so einiges bezüglich dieser verhängnisvollen Nacht falsch von mir interpretiert worden.
So gab es scheinbar den von mir beschriebenen "Suchtrupp" niemals.
Fälschlicherweise hatte ich das angenommen, nachdem ich gehört hatte, dass nach dem Hund gesucht worden war.

Zwar war nach ihr gesucht worden, das allerdings nur von unserem Nachbarn selbst, der lediglich von einem einzelnen Freund begleitet wurde und das Ganze zudem auch noch zu einem völlig anderen Zeitpunkt, als der, zu dem ich die vermeintlichen "Helfer" der Suche draussen angetroffen habe.

Kurzum: Das Augenmerk dass diese Typen auf die Strasse gerichtet hatten, galt allem Anschein nach wohl doch King Kong und mir.
Der Gedanke, dass Mika unter Umständen nur deshalb diesen Kerlen in die Arme laufen konnte, weil diese gekommen waren um eigentlich uns zu suchen, bricht mir das Herz.
Ich werde seitdem das schreckliche Gefühl nicht mehr los, irgendwie Schuld an ihrem Tod zu sein.

Sicher fragt ihr euch, wie ich darauf komme, dass dieser Haufen Halbstarker hinter uns her war.
Bislang wisst ihr ja bloß, dass es sich nicht um Freunde oder Bekannte meines Nachbarn handelte.

Es gibt eine kleine Vorgeschichte zu den ganzen Ereignissen vom Samstag und seither auch weitere, Besorgnis erregende Zwischenfälle, die mich und anh Tung zu diesem Schluss kommen lassen.

An dieser folgenschweren Nacht vor 4 Tagen, war ich wie üblich im Viertel an den Bahngleisen.
King Kong spielte mit einer Freundin (dem "Erdferkel" wie sie liebevoll von mir getauft wurde und die im letzten Sommer rund 2 Monate zum "decken" bei uns verbracht hatte) und ich unterhielt mich unterdessen mit ihrem Besitzer.
Kurz darauf kam ein mir bisweilen unbekannter und auf mich äusserst unsympathischer wirkender Bursche hinzu, der obendrein dem Anschein nach auch noch ein Junkie war.

(Anh Tung warnt mich stets vor ihnen, denn die haben in der Regel keinen müden Dong in der Tasche, sind häufig bereits an HIV erkrankt und habe im Grunde genommen meist nichts mehr zu verlieren.
Nicht selten sind es eben diese Drogensüchtigen, vor denen sich die Hundebesitzer hier in Acht nehmen müssen.
Neben den "gewöhnlichen" Hundefängern -die für die Hunderestaurants arbeiten- sind sie es, die skrupellos die Halter der Tiere überfallen und deren Hunde rauben um sie im Anschluss für ein paar Zehntausender -einem Gegenwert von ein paar Euro- zu verschachern, womit sie sich den nächsten Schuss finanzieren.
Aber auch die Halbwüchsigen in den Internetcafes sind in unserer Stadt nicht zu unterschätzen.
Auch die sind schnell mal zu kriminellen Handlungen bereit, wenn dass Geld nicht mehr ausreicht, um davon ihre Internet-bzw Spielesucht zu bezahlen.)

Jedenfalls zeigte dieser Typ sofort reges Interesse an King Kong und holte sich jede Menge Auskünfte über uns ein, die ihm der Besitzer des Erdferkels -dieser Held!- auch bereitwillig gab.
Mehr noch, denn um dem noch eines draufzusetzen, musste er ausserdem mit besonders grossen Eifer Kund tun, wie aussergewöhnlich intelligent- und vor allem WERTVOLL King Kong doch wäre.
Er rechnete ihm vor, wieviele Millionen man für King Kong mit Sicherheit bekommen würde und deklarierte weiter, wie sehr er auf Nachwuchs von King Kong aus sei, da diese sich bestimmt ebenfalls zu einem spitzen Preis verkaufen liessen.

Meinen Blick, der ihm bedeuten sollte still zu sein, sah er nicht und lieferte deshalb auch noch auf die Frage, wo ich wohnen würde eine mehr als präzise Antwort.
Ich war (den gierigen Blick des vermutlichen Junkies im Auge) alles andere als begeistert von diesem über ausführlichen Redeschwall anh Anh`s (der Name von Erdferkels Herrchen).

Da sich die beiden aber zumindest flüchtig zu kennen schienen, dachte ich mir nicht zu viel dabei.
Ein grober Fehler, der vermutlich Mika das Leben gekostet- und King Kong und mich anscheinend zumindest bereits in Gefahr gebracht hat. :/

Noch keinen wirklichen Verdacht schöpfend ging ich kurz darauf weiter, doch nur wenige Zeit später ereigneten sich dann bereits die ersten seltsamen Zwischenfälle, wie dieser Kerl auf dem Motorrad, der mir in zwei verschiedenen Einfahrten auf meinem Weg begegnete und mich mit regungslosen Blick anstarrte, oder der, der an mir vorüberfuhr, wendete um dann erneut an mir vorbeizufahren.

Weder diese beiden, noch die zwei vollbesetzten Motorräder, die aus unserer Einfahrt kamen, oder die jenigen, die gerade mal eine knappe Minute nach mir in unsere Gasse kamen (übrigens eine Sackgasse mit nur wenigen Häusern und man sich demnach untereinander kennt), an unserem Haus vorüberfuhren und im Anschluss sofort wieder verschwanden, waren jemals von irgendeinem "Suchtrupp" für Mika gewesen.

Leider waren es scheinbar aber sie, die Mika fanden..
Sie war ja in dem Moment, als ich das Türschloss öffnete am Eingang unserer schmalen Strasse.
Sicher lief sie nicht hinein, weil sie mich stehen sah und Angst hatte.
Wäre ich nicht dort gestanden, wäre sich bestimmt hereingekommen und hätte eben so lange vor der Tür gewinselt, bis mein Nachbar auf sie aufmerksam geworden wäre und sie reingelassen hätte.
So war sie aber vielleicht genau in dem Augenblick hier, als diese Kerle auf der Suche nach uns hineinfuhren und sie mitnahmen?!

Ich weiss es nicht genau, aber ich fürchte, dass es womöglich so gewesen sein könnte und das macht mir zugegeben ganz schön zu schaffen.. :(

Ich wollte zwar eigentlich ab da künftig nicht mehr zu spät noch mit King Kong spazieren gehen,  aber am folgenden Abend ergab es sich erneut, dass wir erst zu ein wenig vorgerrückterer Stunde aufbrachen.
Ich hatte auch noch nicht wirklich ein ungutes Gefühl, weil ich davon ausgegangen war, dasss es sich beim Grossteil der Leute um Freunde meines Nachbarn hielt.

Das ich auch an diesem Tag, vermeintlich- verdächtige Beobachtungen machte, verschwieg ich meinem Mann lieber, denn der war nun mehr als dagegen, dass ich meine Runden regelmässig auf Stunden verlagere, in denen Menschen mit normalen Arbeitszeiten längst im Bett liegen.
Vor mir selbst tat ich das langsam aber sicher aufkommende, Gespür dafür, dass etwas nicht so ist wie es sein soll, als "Gespenster" ab, die ich wegen der Sache mit der Hündin unseres Nachbarn sah.
Ich wusste ja nach wie vor nicht, dass nicht ein einziger Vorfall mit ihr in Verbindung stand.


(-Die grüne Linie ist die Route, die King Kong und ich für gewöhnlich einschlagen. Sie beginnt in der Nähe der Kirche, geht die To Hieu Strasse nach links, führt dann nach recht oben über die Me Linh Strasse in das Viertel der Bahngleise und von dort aus nach recht die Cau Dat Strasse hinunter an die Kreuzung, wo wir nach rechts, erneut ein kleines Stück die To Hieu Strasse entlanglaufen um dann kurz darauf nach Links in die Hang Kenh Strasse abbiegen. Die laufen wir normalerweise dann eine Weile entlang, bis zu einem Verkaufsstand, an dem wir wieder umdrehen und die gleiche Strasse zurücklaufen, bis wir an den Markt kommen, von dem aus wir dann zum Sen See kommen, die Ho Sen Strasse rechts nach oben laufen und nach rechts über die To Hieu Strasse zurück nach Hause kehren.
-Die rote Markierung, zeigt die Strecke, die King Kong dann ab Mikas Verschwinden plötzlich gewählt hat. Kartenquelle: http://vietnamtravels.vn)

Dadurch, dass wir eine festgelegte Route haben die wir ablaufen, kennt King Kong den Weg und ist in der Regel einen Schritt voraus. Er läuft automatisch in die jeweiligen Strassenzüge, die ich als nächstes ansteuern würde. Sonntag Nacht, machte er eine Ausnahme. Die einzig ernsthaft leere Strasse -der Markt-, wollte er auch diesmal nicht ansteuern. Ich konnte ihn mit Mühe zwar noch einige Meter hineinlocken, aber er blieb immer wieder stehen und legte die Ohren an..-zumal er sowieso schon hinter mir lief und nicht wie sonst bereits munter und fröhlich vorraus.
Ich schob das eher auf die Tatsache das er wusste, dass am Ende des Marktes eine seiner Freundinnen, sein übriggebliebenes Essen von mir bekommen würde, was ihm gar nicht in den Kram passte.
Er ist ein kleiner Futterneider und ich redete mir ein, dass dies der Grund für seine Weigerung wäre.
Ich dachte mir aber, dass er schon wissen würde, was oder warum er das tat und fragte mich insgeheim allerdings dann doch, ob er nicht vielleicht spürte, dass irgendwas nicht so ganz stimmte.
Ich zwang ihn demnach nicht weiter und folgte statt dessen seinem neu gewählten Weg auf der belebteren Strasse.

Nach einer weiteren Nacht, konnte ich mir allerdings nicht weiter vormachen, dass die "Mitternachtsrunden", die ich so gerne habe, künftig noch zu verantworten sind.
Wie die beiden Nächte zuvor, hatte ich hin und wieder den Eindruck, dass ich unter Beobachtung stehen würde.
Immer wieder fuhren Motorräder mit Jungs an mir vorbei, die mich anstarrten.
Das kommt für gewöhnlich aber schon mal vor, da ich mit meinem Erscheinungsbild (Blonde Haare, blaue Augen, lange Nase) ja nun doch ab und an für Erstauenen sorge.
Mir war aber unerklärlicherweise klar, dass das nicht diese Art von Blicken war.
Das waren keine Blicke der Überraschung. Sie waren sehr gezielt und allesamt aus versteinerten und verschlossenen Mienen heraus.

Irgendwie war mir ab da eindeutig bewusst, dass hier was am laufen war.
Die seltsamen Vorkommnisse dieses und der vorangegangenen Tage, waren keine Zufälle, dessen war ich mir mit einem Schlag sicher und nach wenigen Minuten sollte sich das durch die Dummheit meiner Verfolger bestätigen.
Als ich in die Nähe eines Internetcafes kam, dass etwa auf halben Wege liegt, sah ein Trupp von etwa 4-5 "Mann" gerade auf und schickte sich dann, auf ihre Motorräder zu steigen und langsam an mir vorüberzufahren.

Während dem Vorbeifahren, meinte einer der Jungs auf dem Sozius: "Und, wie nun?!"
Der Vordermann antwortete: "Warte, sie wird gleich zurückkommen und dann schnappen wir sie uns in der Marktstrasse.."

"Aaachso! Na dann viel Spass beim warten Jungs!" dachte ich mir.
Ich rief anh Tung an, der ausser sich war vor Angst und Sorge und sich sofort auf den Weg zu mir machte, wofür ich ihm sehr dankbar bin, denn immerhin muss er morgens gegen 6 Uhr raus um Bi zur Schule zu bringen und dann im Anschluss selbst los muss zur Arbeit.

Am nächsten Abend wurde es ungeplanterweise noch ein weiteres Mal fast Mitternacht, als ich mit King Kong aufbrach. Anh Tung schimpfte und tobte, aber nichts half.
Ich kann unheimlich stur sein. Es lag nicht in meiner Absicht, nochmals das Glück herauszufordern, aber ich wollte auch nicht einsehen, dass anh Tung recht damit haben könnte, dass mir vermutlich niemand helfen würde, falls tatsächlich etwas geschehen sollte und das die vereinzelten Verkaufsstände mir im Fall der Fälle keinen Schutz böten, da diese oftmals Angst vor Repressalien haben, wenn sie sich in solche Angelegenheiten einmischen.

Ich versuchte damit zu beschwichtigen, dass die Kerle jawohl schon längst zugeschlagen hätten, wenn sie nicht die Anwesenheit weiterer Personen fürchten würden.
Ich wollte mich nicht beschneiden und einschüchtern lassen.

Mein armer Mann war machtlos und das letzte was er tun konnte, war mir das Versprechen abzunehmen, mich stets in der Nähe von anderen aufzuhalten, ja keinen Fuss in Richtung Markt zu setzen, mein Messer und eine Metallstange mitzunehmen -die er irgendwo im Haus für mich aufstöberte- und ihn unverzüglich anzurufen, sobald ich auch nur den leistesten Verdacht hätte, dass irgendwas nicht ganz normal wäre.

Er war wirklich wütend über meine ausserordentliche Stur-und Dummheit und liess mich nur unter grösstem Widerstand ziehen.

Es sah allerdings ganz danach aus, dass der Spuk vorüber war.
Weit und breit keine Spur von irgendwelchen zwielichtigen Gestalten,..bis-...ja bis kurz vor Ende unseres Rundganges. Ich befand mich kurz vor der Kreuzung hinaus auf die grosse Hauptstrasse, in deren Seitenarm auch unser Haus liegt.
Während King Kong gerade nichts-ahnend mit einer Freundin (der Chihuahuahündin eines Nachtwächters) die Gegend um mich herum unter die Lupe nahm.
Ich blickte auf und sah auf der gegenüberliegenden Strassenseite, vor einem kleinen Hotel der Hauptstrasse zwei Typen stehen, die verdächtig in meine Richtung starrten.

Einer trug eine Kappe ins Gesicht gezogen und lehnte an einer Hausmauer und der andere ging sichtlich nervös immer wieder auf und ab.
Letzterer sah ziemlich heruntergekommen und verwahrlost aus. Er hatte ungekämmtes Haar, eine abgeschnittene, ausgefranste und verdreckte Hose, ein ebenso verdrecktes, altes T-Shirt, lief soweit ich mich erinnere sogar barfuss oder hatte zumindest total durchgelatschte Schuhe an und war auch sonst schon schier schwarz vor Dreck.


(-Der blaue Punkt auf der Karte zeigt, wo ich mich befand. Die beiden grünen stellen die ursprüngliche Position meiner "Verfolger" dar. Die dünnen blauen-u.grünen Linien veranschaulichen, in welche Richtung wir uns gleichzeitig bewegten, als ich aus der Hang Kenh Strasse in die To Hieu Strasse trat.
-Die beiden orangefarbenen Punkte markieren die beiden Einfahrten auf meiner Strecke, von denen aus der Typ am Tag zuvor beobachtet hatte.
-Der graue Punkt ist das Internetcafe, aus dem die Gruppe von 3od.4 Leuten kam, die mich später in der Cho Con Strasse abpassen wollten. Kartenquelle: http://vietnamtravels.vn)

Wir hielten uns mindestens eine viertel Stunde dort auf, in der ich mehrmals unauffälig -was man von ihnen beim besten Willen nicht behaupten kann- einen Blick zu den Jungs warf.
Sie behielten mich die ganze Zeit über offensichtlich im Auge.
Als King Kongs Freundin schliesslich von ihrem Besitzer zu sich gerufen wurde, gingen auch wir weiter und just in dem Moment, in dem wir die letzten Meter zur Kreuzung zurücklegten, setzten sich auch die beiden Gestalten in Bewegung.
Die extreme Offensichtlichkeit und Auffälligkeit ihrer Handlungen verlieh der Situation etwas dermaßen groteskes, dass ich beinahe über den Ernst der Lage hinweg angefangen hätte zu lachen.

Nachdem das Hotel noch geöffnet war und auch ein Angestellter auf einen, vor dessen Eingang abgestellten Wagen Acht gab, fühlte ich mich relativ sicher.

Einer der beiden stieg auf sein Motorrad, sprach kurz etwas in sein Telefon und fuhr als ich die Kreuzung erreichte langsam an. Selbstverständlich nicht, ohne mich dabei eingehend zu Mustern und nach einigen Metern nochmal den Kopf nach mir umzudrehen.
Der andere überquerte die Strasse in sichtlich abgestimmten Tempo, um genau einige, wenige Schritte hinter mir auf meiner Seite anzukommen.

Ich konnte mir nicht verkneiffen, mir zu denken, wie unglaublich dämlich man sich doch anstellen konnte.
Da mehr als deutlich zu erkennen war, was hier gerade gespielt wurde, schützte ich lautstark die Idee vor, dass King Kong ja noch schnell die -ebenso mit ihm befreundete- Spitz-"Dame" des schräg gegenüberliegenden Hotels besuchen könne.

Ich rief dem Angestellten -den ich flüchtig kannte- zu: "Em ah, co con bong o day khong?" (Kleiner Bruder, ist "die Kugel" -so heisst der Hund- da?" und sagte nebenbei ebenfalls so laut zu King Kong, dass der hinter mir es mit Bestimmtheit hören konnte: "Cho em di tham con bong mot ty, nha?!" (Ich lasse dich die "Kugel" ein bisschen besuchen, einverstanden?!), während ich die Strassenseite wechselte.

Sichtlich verwirrt und scheins unschlüssig, was er jetzt tun sollte, blieb der "Dreckspatz" zurück.
Ich lachte mir ins Fäustchen, rief anh Tung an und bat ihn unverzüglich herzukommen.
Wissend, dass Tung sich sofort auf den Weg machen würde und in spätestens 1-2 Minuten Minuten bei uns sein würde, liess ich King Kong den Heimweg antreten.
Bei diesem Versuch jedoch auf der Seite des Hotels.

Kaum hatten wir die ersten Schritte getan, erwachte auch der "Schmutzfink" aus seiner Starre und setzte langsam einen Schritt vor den anderen. Stets darauf bedacht, maximal ein Stückchen vorraus zu sein.
Liess ich mich zurückfallen, verlangsamte er seinen Tempo oder blieb gar kurzfristig ganz stehen.
Dann traf aber auch schon Tung ein, was dem Vogel augenscheinlich vollends den Rest an Verwirrung gab.
Der war echt total fertig.

Tung fuhr gemächlich neben uns her und ich war heilfroh, dass er da war um uns zu beschützen, denn den Weg hier hätte ich nicht umgehen können, da es nur dieser zu unserem Haus führt.

Jetzt, wo Tung bei uns war, vergrösserte das schmuddelige "Etwas" schräg hinter uns seinen Abstand und war bald nurnoch schwer zu erkennen. Ich dankte anh Tung und dieser hielt mir eine Standpauke, die sich gewaschen hatte. Mir blieb nichts anderes übrig als endlich einzusehen, dass er vollkommen Recht hatte und ich äusserst fahrlässig meine eigene und vor allem aus meinem Egoismus heraus besonders King Kongs Sicherheit aufs Spiel setzte, da sie es ja nicht auf mich, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach auf ihn abgesehen hatten.

Wir waren eben erst ins Haus getreten, als ich ein Motorrad in unseren Gang fahren hörte.
Nach dem unseren, befinden sich lediglich noch 4 weitere vor dem Ende der Sackgasse, die ausschliesslich von älteren Leuten bewohnt werden, von denen zu solch vorgerrückter Stunde niemand mehr nach Hause kommt.
Darum wusste ich auch gleich, dass es nur Kumpane unseres Verfolgers sein konnte, als das Motorengeräusch an unserer Haustür vorüberzog.
-Und tatsächlich vernahm ich, wie das Motorrad anschliessend wendete.

Ich machte meinen Mann darauf aufmerksam, der zur Tür eilte um zu sehen, wer da draussen war.
Im selben Augenblick, in dem anh Tung die Tür öffnete, raste das Motorrad an uns vorbei und wahrhaftig:
Es war niemand anderes, als der Typ mit der Kappe.

"Er kam um zu sehen, wo wir wohnen. Jetzt wissen sie es." bemerkte anh Tung stumpf.
"Das wissen sie lange." gab ich zurück und erzählte meinem Mann von allen Ereignissen der letzten Tage und wie alles seinen Lauf genommen hatte.

Über zwei Jahre konnte ich die Ruhe und den Frieden des nächtlichen Hai Phongs geniessen und in aller Seelenruhe mit King Kong meine Runden ziehen und die anderen "Nachtschwärmer" treffen.
Damit ist nun wohl definitiv Schluss.

Wir wissen nun mit Sicherheit, dass man es auf King Kong abgesehen hat und hinter uns her ist.
Sie werden auf eine günstige Gelegenheit warten um zuzuschlagen.
Jetzt ist es an mir, ihnen diese Gelegenheit nicht zu bieten..

Sonntag, 9. September 2012

Ein schwarzer Tag

Heute ist ein mehr als schwarzer Tag.
Gestern Nacht verschwand  King Kongs Freundin -die liebe Hündin unsere unmittelbaren Nachbarn.

Da es inzwischen bereits halb 4 Nachmittags ist, habe ich wenig Hoffnung, dass sie zurückkehren wird,
oder überhaupt noch am Leben ist, denn in der Regel wird ein Hund, der sich ohne Herrchen auf der Strasse befindet innerhalb weniger Stunden von den Hundefängern -die Frischfleisch-Nachschub für die etlichen Hunderestaurants besorgen- aufgegriffen und mit einer dünnen Metallschlinge, die an einem Stock befestigt ist, eingefangen.

Diese Schlaufe wird blitzschnell so eng um den Hals des Hundes gezurrt, dass dieser nichtmal einen Laut von sich geben kann.
Danach steckt man die Tiere in kleine, geflochtene Körbe hinten auf dem Motorrad und karrt sie in eines der Hunderestaurants, wo sie totgeschlagen werden. :(

Diese Hundefänger machen Nacht für Nacht ihre Streifzüge durch die Strassen und sind bei der Bevölkerung verhasst ohne Ende.
Schon zu viele haben ihren treuen Freund auf diese Weise verloren.
Auch ich kenne inzwischen etliche Beispiele.
Es wird nicht einmal davor halt gemacht, einem die Hunde direkt vor der Haustüre wegzustehlen.

Die liebe, hübsche Mika :(
Da jeder weiss, was die Tiere erwartet, wenn sie in die Fänge der Hundediebe geraten sind und weil es soooo viele dieser Vorfälle gibt, sind die Leute entsprechend erzürnt, wenn sie so einen mal auf frischer Tat ertappen und in die Finger kriegen.
In so einem Moment wird nicht lange gefackelt und es sind schnell ein paar Nachbarn zusammen, die allesamt ausser sich vor Wut auf den Dieb losgehen.

Die Täter kommen nicht selten nicht mehr mit dem Leben davon.
Gleiches wird hier mit gleichem vergolten könnte man sagen und diese Form der Selbstjustiz findet breite Zustimmung innerhalb der Bevölkerung.
Auch die Polizei gibt sich in der Regel keine sonderlich grosse Mühe, solche Fälle aufzuklären.
Zum einen weil es sicher kein leichtes Unterfangen ist, in einem Mob Beteiligter den letztlich Schuldigen auszumachen, zum anderen vermutlich aber auch, weil diese Taten selbst unter den Beamten einen gewissen Zuspruch finden.

Erst kürzlich kam es in einem kleinen Dorf in der Nähe von Ha Noi zu so einem Zwischenfall, bei dem gleich 2 Hundediebe, von einer Horde Dorfbewohner zu Tode geprügelt wurden.
 
Ich kann das nicht wirklich verurteilen, denn ich kann die Aufgebrachtheit der Menschen verstehen und die Diebe wissen mehr als genau, was ihnen unter Umständen blüht, wenn sie sich für den Fleischbedarf der Hunderestaurants an den Tieren der Leute vergreifen.

Das unglückliche an der Geschichte von gestern Abend ist, dass ich "Mika" -so heisst die Hündin meines Nachbarn- gesehen habe, als ich von meiner nächtlichen Runde mit King Kong gekommen bin, sie allerdings nicht erkannt habe und in dem Moment auch noch nicht wusste, dass sie vermisst wurde.
Ihr eigenes Herrchen hat sie tragischerweise knapp verpasst.

(Danke an Lothar, für das Bild)
Aber fangen wir von vorne an:
Die letzten Tage hatte es fast durchgehend geregnet.
So auch gestern Abend. Deshalb konnte ich nicht mit King Kong gehen und bin früh schlafen gegangen.
Gegen 1 Uhr Nachts hat mich der Stinker aber aufgeweckt, als er mitbekam, dass es aufgehört hatte zu regnen.
Gutmütig wie ich bei ihm bin, bin ich also aufgestanden und habe mich fertig gemacht zum Gassi gehen.
Unterdessen bekam ich mit, dass mein Nachbar mit einigen Freunden nach Hause kam.
Es gab einigen Tumult, in dem wohl vergessen wurde die Türe zu schliessen und Mika unbemerkt nach draussen lief.
Die Aufmerksamkeit war anscheinend auf einen der Jungs gerichtet, weil der betrunken war.

Kurze Zeit später brach dann Hektik aus, als man merkte dass der Hund verschwunden war.
Das habe ich aber leider nicht mitbekommen und mich auf den Weg mit King Kong gemacht.

Unterwegs traf ich dann einen bekannten mit dem ich mich einige Zeit unterhielt, während King Kong mit dessen Chihuahua spielte. Ein weiterer Typ kam hinzu, den ich nicht kannte, der aber wie mein Bekannter auch in einem der Häuser an den Zuggleisen zu wohnen schien.
In diesem Viertel lebt der etwas ärmere Teil der Einwohner von Hai Phong und viele dort verdienen sich ihr Geld durch krumme Geschäfte. So fand ich es auch etwas beunruhigend, dass der Kerl der hinzugekommen war so grosses Interesse an King Kong zeigte und sich darüber informierte, wo ich wohne.

Später als ich weiter ging, vielen mir einige Jungs auf, die die Strasse auf und ab fuhren und einer von ihnen hatte sich in einer kleinen Gasse an der ich vorüberkam postiert.
Als ich ihn ein gutes Dutzend Strassenzüge weiter hinten dann erneut in einer Gasse stehend sah, war für mich die Sache klar, dass der Typ aus dem Schienen-Viertel sicherlich ein paar Leute zusammengetrommelt hatte, die mich bei günstiger Gelegenheit abpassen- und sich King Kong schnappen sollten..

Ich verzichtete von daher bei diesem Ausflug auf die Wege, von denen ich wusste dass sie um diese Zeit verlassen sein würden.
Die jungen Männer schienen unterdessen ihre Streifzüge fortzusetzen.
Einer fuhr an mir vorüber, drehte um und fuhr ein weiteres Mal an mir vorbei, wobei er am Telefon fragte, "welche -es- sei".
Ich hatte noch nie zuvor ein ungutes oder unsicheres Gefühl, wenn ich so spät noch mit King Kong draussen unterwegs bin, aber da machte ich mir wirklich Sorgen und strafte mich selbst leichtsinnig, zu so später Stunde noch alleine mit dem Hund auf der Strasse zu sein.
Völlig zu unrecht, wie sich am nächsten Morgen herausstellen sollte, da gar nicht nach King Kong und mir, sondern nach Mika ausschau gehalten worden war, was ich ja aber leider nicht wusste und deshalb falsch interpretierte.

Von daher hielt ich auch die 2 Motorräder, die mit 4 Leuten besetzt waren und aus dem Gang zu unserem Haus kamen für Leute, die King Kong schnappen sollten, als ich einen von ihnen: "voll die Leiden und das alles wegen einem Hund!" fluchen hörte.

Ich vergewisserte mich, dass sie weg waren und ging erleichtert in unsere Gasse.
Vor der Haustür drehte ich gerade an unserem Zahlenschloss, als ich am Eingang des Ganges einen grossen dunklen Hund sah.
Traurigerweise erkannte ich nicht, dass es sich um Mika handelte, sonst hätte ich sie anlocken können.
Aus Angst eventuell angefallen zu werden, konzentrierte ich mich auf die richtige Zahlenkombination und bis das Schloss offen war und ich mich dazu durchgerungen hatte nachzusehen, welcher Hund das war, war sie jedoch verschwunden.

Jetzt weiss ich, dass die Kerle, die vermeintlich nach uns gesucht hatten, in Wahrheit nach dem Nachbarshund suchten und dass die Jungs auf den Motorrädern, die aus dem schmalen Weg zu unserem Haus kamen, die Freunde meines Nachbarn waren.
Sie haben Mika vielleicht um gerade mal 1-2 Minuten verpasst.

Gerade hat anh Tung unserem Nachbarn ein paar Adressen genannt, die dieser abklappern sollte, an denen die eingefangenen und geklauten Hunde abgeliefert würden.
Da sie aber inzwischen noch nicht zurück ist, gibt es wohl keine Hoffnung mehr für sie.


KEO


Samstag, 1. September 2012

Wenn Engel fliegen

-Würde das so an und für sich sicher klasse aussehen.
Nicht aber, wenn sie es hier in Viet Nam tun, denn mit "Engel" meine ich unsere Kinder.
Unsere Kleinen, unsere Herzen, unser Ein und Alles,....unsere Engel eben!

Bildquelle: news.zing.vn
Und mit fliegen, meine ich in diesem Fall vom Motorrad - und zwar wenns einmal so richtig kracht.
Bei einem "ordentlichen" Unfall zum Beispiel.
Da sieht das dann sicherlich alles andere als klasse aus.
Ganz im Gegenteil!
Zumal die Kids hier nicht im Ansatz gegen sowas geschützt sind, wie ich heute zum ersten Mal seit langem erneut feststellen musste.

Väter oder Mütter stehen sich in der Unverantwortlichkeit in nichts nach (Bildquelle: news.zing.vn)
In der Regel registriere ich das durch den täglichen Anblick über Jahre hinweg bereits gar nicht mehr.
Heute saßen wir jedoch beim gemeinsamen Essen mit Freunden im Restaurant.
Dort konnte ich von meinem Sitzplatz aus einen herrlichen Blick auf eine unserer Haupstrassen in Hai Phong werfen, was ich dann auch einige Zeit tat.

Weil es bereits um Mittag herum war, war so gut wie jedes zweite oder dritte Motorrad von Müttern mit Kindern besetzt.

Gewöhnlicher Anblick vor einer Schule (Bildquelle: tinngan.vn)
Ansich ja nichts aussergewöhnliches in Viet Nam. Entsetzt war ich trotzdem darüber - oder besser gesagt über die Tatsache, dass von rund 60 von mir gezählten Halbwüchsigen auf dem Sozius, lediglich exakt 3 einen Helm trugen.

Alle anderen hatten gar nichts, oder maximal ein "Kappi" also eine Kappe auf dem Kopf, was zwar nett aussehen mag und vor der Sonne schützt, vor sonst allerdings nichts.
Erst recht nicht vor den schlimmen Kopfverletzungen, die sich so ein Sprössling zuziehen kann,
sollte es beispielsweise zu einem Zusammenstoss kommen und das Kind dabei vom Roller gerissen werden.

Die Kappe schützt zwar vor der Sonne, sonst aber vor nichts (Bildquelle: news.zing.vn)
Ich hatte früher schon mal auf dem Blog von solch einem schrecklichen Unfall berichtet, bei dem ein junges Mädchen -etwa in Bi`s Alter- tragischerweise mit dem Kopf auf den Boden aufgeschlagen war.
Sie hatte keinen Kopfschutz getragen.
Ich weiss nicht was aus ihr geworden ist, aber die Tatsache, dass sie bewusstlos war und sich eine Blutlache auf der Erde unter ihrem Gesicht ausgebreitet hatte, lassen nichts Gutes erahnen und nichts Gutes erahne ich darüber hinaus im Hinblick auf eine baldige Änderung im Bewusstsein der Einwohner meiner Wahlheimat.

An "kindgerechten" Modellen, mangelt es sicher nicht (Bildquelle: giadinh.vcmedia.vn)
Zwar besteht nun schon seit rund 4 Jahren eine Helmpflicht, die bereits Kinder ab dem 6.Lebensjahr umfasst, aber das jemand aufgrund des fehlenden Helmes für seinen Nachwuchs angehalten wurde,
hab ich in all den Jahren noch nicht erlebt.
Hier drücken aber nicht nur die Hüter des Gesetzes, sondern auch die wirklich Verantwortlichen - nämlich die Eltern oft mehr als nur ein Auge zu.

Eher noch die Ausnahme (Bildquelle: news.zing.vn)
Es werden ja schon die eigenen Kopfbedeckungen ohne Einsicht für deren Sinn und Zweck- und eher aus purer Angst vor der Polizei getragen und sind von daher meistens auch gleich entsprechend nachlässig -wenn überhaupt- auf dem Haupte befestigt.

Die Gurte, die die Dinger im Zweifelsfalle dort halten sollten wo sie sind, hängen ein bisschen übertrieben gesagt schon halb am  unten am Asphalt, Verschlüsse sind wenn dann oft nur kaputt vorhanden und auch sonst würde z.B. mehr Wert auf eine angesagte Optik, als auf Funkionalität gelegt.

Der Staat engagiert sich u.a. durch Aktionen an Schulen und Werbung (Bildquelle: cand.com.von)
Wenn den Erwachsenen aber sogar das leiseste Verständnis für den Aspekt der Sicherheit und Verhütung von eventuell schwerwiegenden Kopfverletzungen im Bezug zu einem Helm fehlt,
ist nicht weiter verwunderlich, wenn man auf Situationen trifft,
wo angestrengt versucht wird für einen unerwarteten Sozius einen Helm aufzutreiben- oder man selber fast schon beschworen wird, man müsse seinen "mũ bảo hiểm" (der Schutzhelm in der Landessprache) afusetzen, während kleinen Kindern, die munter "ohne" auf die Maschinen klettern nicht die geringste Beachtung geschenkt wird.
-Auf die achtet die Polizei ja immerhin nicht so genau.. :/

(Bildquelle VnExpress)
Auch der Versuch seitens der Regierung, die Leute durch abschreckende Werbungen zu sensibilisieren, blieb bislang weitestgehend erfolglos, wie ich heute ja nun erneut feststellen konnte.

Vielleicht vier- und fünfjährige Kids werden zwischen Lenker und Sitz gestellt, richtige Kleinkinder -so ungefähr gerade mal dem Säuglingsalter entwachsen- sollen sich hinten an Mamas Rücken festkrallen und wenn der Papa, der das Motorrad steuert vielleicht mal einen zuviel hinter die Binde gekippt hat,.....
Ist`s auch ok. Da wird schon nix passieren.

Zumindest das Kind, das gestzl. dazu verpflichtet ist trägt einen (Bildquelle: news.zing.vn)
Ich fühle mich den Vietnamesen zwischenzeitlich sehr verbunden und akzeptiere, toleriere und verstehe ihre Art eigentlich komplett, habe vieles von ihnen übernommen und hüte mich normalerweise stets davor, ihre Denkweise und Sicht der Dinge in Frage zu stellen oder gar anzuprangern, nur weil sie sich unter Umständen von den westlichen unterscheiden, aber was dieses Thema hier anbelangt, frage ich mich teilweise schon, wie es sein kann, dass sie hier so tutto completto anders zu ticken scheinen und wie es sein kann, dass sie sich ebenfalls scheinbar so gar keine Sorgen um ihre Kinder machen, oder das hohe Risiko schlicht nicht sehen können.

Kurzum: Totales Unverständnis meinerseits!
Hoffen wir, dass bald ein Umdenken stattfindet.

KEO