Ich habe mich im Laufe der Zeit hier immer mehr der vietnamesischen Lebensart
zugewand und den Grossteil der Lebensweise eines Vietnamesen übernommen.
Dazu gehört natürlich auch einer der wichtigesten Aspekte im vietnamesischen
Alltag: Die Ahnenverehrung.
Anh Tùng beim anzünden eines Raeucherstaebchens |
eigene Glaubensweise zurechtgelegt. Dazu gehörte schon immer mein tiefer Glaube
an "Geister".
Beim Verrichten meines Gebetes |
mit Spukgespenstern an sich zu tun sondern mit den Seelen unserer verstorbenen
Vorfahren und Mitmenschen.
Auch meine liebe Mama ist von der vietn.Ahenverehrung überzeugt |
die im Grunde im ganzen Land praktiziert und gelebt wird und sich durch saemtliche
Schichten des taeglichen Lebens hier zieht.
Eines der unzaehligen Geschaefte mit Zubehör für die Ahnenverehrung |
oder wenn die Raeumlichkeiten dies zulassen ein ganzes Zimmer,
in dem ein Ahnenaltar aufgebaut ist.
Unser mit Opfergaben bestückter Ahnenaltar |
Bilder unsererAhnen, sprich der verstorbenen Mitglieder der Familie drapiert
werden.
Ein typischer Ahnenaltar in Vietnam |
staebchen in der Mitte des Tisches, ein Gefaeß mit Salz, eines mit trockenen
Reiskörnern, ein kleines Porzellan-Teeservice -welches mit Wasser gefüllt wird,
dass man regelmaessig wechselt-, 2 Vorrichtungen für Kerzen, 2 Vasen für Blumen
und ein grosser Teller auf einem kleinen Sockel für Opfergaben sozusagen
zur Grundausstattung.
Der Altar meiner Schwiegermutter, schön zu erkennen die einzelnen Gegenstaende |
(den Ahnenaltar) mit blinkenden Buddha-Statuen, elektrische Kerzen,
leuchtende Seerosen, Götterstatuen, und reich verzierte Wandbilder aus Gold.
Hier ein reich verzierter Altar |
befinden und dehalb ist der Raum in dem er aufgestellt wird meist unter dem Dach.
Opfergaben zu Anfang und Monatsmitte des Mondkalenders |
jeden Monat Opfergaben, zünden Raeucherstaebchen für sie an und beten zu ihnen.
Tellerchen mit Blütenköpfen |
nennen, sind recht einfach und bestehen lediglich aus einem kleinen Tellerchen,
auf dem sich eine "Trầu Cau"-Frucht mit Blatt befindet, von der ich leider nicht
weiss, wie sie auf Deutsch heisst, einem Tellerchen mit Blumen"köpfen",
einigen Früchten und dem von mir im Blog bereits einige Male beschriebenen
"Geistergeld", dem "Tiền Vàng".
Ein Teller mit der "Trầu Cau"-Frucht |
staebchen "Nén Hương", die ich einfach als "Cây Hương" kenne
(wörtlich übersetzt soviel wie "Duftstab" - "Nén Hương" waere dann übersetzt
die Duft-Kerze - die Zeremonie "Thắp Hương" an sich demnach schlicht
Raecherstaebchen anzünden), entzünden dazu eine Zigarette und stecken diese
auf den Stab eines bereits benutzten Raeucherstaebchens. Brennt die Zigarette
bis auf den Filter herunter, ohne dabei die Asche zu verlieren, ist dies ebenfalls
ein gutes Omen. Danach sprechen wir zu unseren Vorfahren und kürzlich
verstorbenen Familienmitgliedern.
Das "Geistergeld - Tiền Vàng", dass wie echtes Geld aussieht |
und berichten ihnen von den aktuellen Ereignissen innerhalb der Familie,
wie z.B. der Geburt eines Kindes, der Einschulung eines der Kinder,
einer neuen Arbeitsstelle, der Krankheit eines Angehörigen, einer bevorstehenden
Prüfung, einem Umzug oder einer wichtigen anstehenden Entscheidung, usw.
Ein paar einfach Früchte, hier: Drachenfrucht und Mango als Opfergabe |
und man setzt sie über Veraenderungen und Neuem in Kenntnis und sucht
wie zuvor waehrend ihrer Lebzeit Rat bei ihnen und hofft auf ihre Unterstützung.
Die übliche Haltung beim beten zu den Vorfahren |
Nach Ende des "Gebetes", waehrend dessen die Haende flach aufeinender gelegt,
mit den Fingerspitzen nach oben zeigend vor der Brust oder dem Kopf gehalten
werden, verneigt man sich drei Mal oder hebt und senkt drei Mal die so formierten
Haende.
Auswahl der Opfergaben an Feiertagen |
ihr euch auf der "Mondkalender und Tierkreiszeichen"-Seite informieren könnt,
werden auch noch zu allerlei gesonderten Daten Opfergaben gebracht.
Set mit den Gefaeßen für den Altar |
(übers. Verehrung) bezeichnet werden und die feste, vorgegebene Ablaeufe haben,
fallen die Gaben darüber hinaus viel reichlicher und auch unterschiedlich voneinander aus.
Wesentlich reicher Gaben zu besonderen Anlaessen |
"Papierwerke" zu denen ich gleich noch kommen werde, verpackte Süsswaren,
Unmengen an Früchten, ein mit Blütenköpfen verzierter Teller, Blumen für die und
grossen Vasen die sozusagen zur Grundausstattung des Altars gehören, Raeucher-
staebchen und riesige Silbertabletts gefüllt mit ausgewaehlten Speisen.
"Canh Măng" - eine Suppe mit vietnamesischen Spargel |
mit "Xôi" - Klebreisgericht (das bei Kochen durch Zugabe gewisser Zutaten in allen
möglichen Farben angerichtet werden kann), "Thịt Gà" -Ein gekochtes Huhn,
"Canh Măng" - eine Spargelsuppe, ein Schaelchen mit Gewürzsalz und Zirone und
natürlich frische Früchte.
"Xôi" - Das Klebreisgericht, dass es in versch. Farben und Ausführungen gibt |
ergaenzt wie zum Beispiel zum "Tết" - dem Neujahresfest um: "Chân Giò/
Nấm Hương" - Eisbein mit Shiitake-Pilzen, "Miến Nấu Lòng Gà" - Eine
Glasnudelsuppe mit Hühnerinnereien, "Nem rán" - gebratene Frühlingsrollen,
"Thịt Đông" - Sülze, ein Bratgericht, "Giò Lụa" - etwa wie Gelbwurst, "Nộm"
- Ein Salat und "Dưa Hành Muối" - eingelegte Scharlotten
(hoffe das schreibt man so).. :) Was hier zu diesem Anlass keinesfalls fehlen
darf ist: "Bánh Chưng" - der traditionell-, viereckige Neujahrs"kuchen",
der jedoch alles andere als süss ist ;)
Übersicht über die typsichen Speisen zur Neujahrs-Opfergabe |
den Geschmaeckern der Leute und den Beschaffungsmöglichkeiten ein klein wenig
variieren dürfen. Das Ganze ist ja immerhin keine Millitaerparade.
"Bánh Chưng" - der traditionelle Klebreiskuchen zu "Tết" |
ist beispielsweise hingegen ein Mahl mit frisch gebratenem Fisch am wichtigsten.
Ansonsten sind die Speisen denen zu "Tết" aber recht aehnlich.
Die drapierten Gaben für den Küchengott |
Grundstück drapiert-sofern man eines hat, was in Vietnam aber fast nurnoch auf dem
Land vorkommt würde ich sagen, ansonten eben auf dem Hausaltar- und gegen
Mitternacht werden schliesslich Raeucherstaebchen entfacht um zu beten und um
die Geistern und vielen Götter für das folgende Jahr wohlgesonnen zu stimmen.
Mögliche Speisenzusammenstellung zur Ehrung "Ông Thờ`s" |
und sobald die Raeucherstaebchen erloschen sind, werden die Speisen angerichtet
und im Kreise der Familie gemeinsam miteinander verzehrt.
Wie in allen anderen Situationen, spielt das Essen wie man sehen kann auch bei
der Ausübung des Glaubens eine der grössten Rollen.
Zu Neujahr werden die Ahnenverehrung nach Möglichkeit auf dem Grundstück vollzogen |
Blechofen in Brand gesteckt. Darunter befindet sich das Geistergeld, dass in der Regel
auch zu den gewöhnlich Gebeten verbrannt wird und bei den gesonderten
Begebenheiten wie den beiden oben beschriebenen, zusaetzlich noch ganze Packete
gefüllt mit kleinen Papiergegenstaenden, zum Beispiel dem Kleiderset von "Ông Thờ"
dem Küchengott, mit winzigen Schühchen und dem was da so nach Hasenohren
anmutet: Seinem Kopfschmuck. Selbst miniatur-Pferde oder Autos gibt es.
Anh Tùng mit den Papierwerken zur Ehrung des Küchengottes |
kann, wenn man möchte. Was man allerdings nicht unbedingt muss.
Überhaupt ist alles recht zwanglos. Es gibt zwar feste Ablaeufe und man findet
den Glauben so gut wie überall wieder: Sei es bei einer Geschaeftseröffnung, wo um
Erfolg gebeten wird, einer Heirat, wo das Paar vor dem Altar betet und um
Zustimmung und den friedvollen und glücklichen Verlauf der Ehe bittet,
der Geburt eines Kindes, bei dem für dessen Gesundheit und positive Entwicklung
gebetet wird, einem Hauskauf usw. Die Bauern bringen kleine Gaben an den Rand
ihres Feldes und bitten um eine üppige Ernte.
Mein Mann und meine Tochter ins Gebet vertieft |
bringt, oder an Neujahr lieber feiern geht, als Zuhause die Ahnen zu ehren,
wird derjenige deshalb nicht vom Glauben ausgeschlossen.
Abschiedskuss für das Pferd aus Papier, dass gleich den Flammen übergeben wird |
Christentum oder zeitweise Verbote seitens wechselnder Machthaber oder Besatzer
konnten sich nicht gegen ihn durchsetzten.
Und am Ende darf man alles aufessen :) |
Österreich, oder der Schweiz.
Das letzte wovon man bei einer Beerdigung in Vietnam sprechen kann ist eine
"stille" Trauerfeier, aber davon berichte ich euch im naechsten Eintrag dieser Reihe.
Hi Keo, es ist schon bemerkenswert, wie du als "aufgeklärte Mitteleuropäerin der Spezies Bayerin" den Ahnenkult adaptiert hast und auch so offen und locker damit umgehst. Ich wünsche dir, dass dir die Ahnen immer gut gestimmt sein mögen!!!
AntwortenLöschenÜbrigens:
Die Trau Cau- Frucht dürfte mit ziemlicher Sicherheit die Frucht der Areca-Palme sein
( siehe mein Post vom Juni 2012 - die copy-Funktion klappt gerade mal nicht). Allerdings passt das Blatt nicht dazu. Ich tippe mal auf ein Betel-Blatt
Gruß
Guenter
Hallo Guenter,
Löschentut mir leid das die Antwort so spaet kommt, ich muss das völlig übersehen haben.
Ich hab momentan leider mal wieder ziemliche Schwierigkeiten, diverse Blogseiten aufzurufen aber
vielen Dank dir für deinen Hinweis mit der Areca Palme und dem Betel Blatt.
Waere das Geheimnis also auch endlich mal gelüftet :)
Weisst du ob man die eig. rein theoretisch essen kann?
Wie habt ihr dieses Neujahrsfest denn begangen, oder seid ihr geflüchtet?! :)
Vielleicht laufen wir uns ja nun in Zukunft mal über den Weg, wenn wir nach Ha Noi übergesiedelt sind.
Liebe Grüsse und einen guten Start ins Jahr der Schlange für euch,
Keo
Respekt für Deine detaillierte Darstellung der Ahnenverehrung. Immer wen ich glaube, dem "Geheimnis" einen Schritt mehr auf die Spur gekommen zu sein tauchen drei neue Fragen auf. Vor allem um den Neujahrstag konnte ich einige Opfertische vor Geschäften und Wohnungen sehen. Ich nehme an sie sind, je nach Termin, dem Küchengott und den Ahnen gewidmet.
AntwortenLöschenDein letztes Bild hast Du mit "und am Ende darf man alles aufessen" betitelt. Trifft das bei den großen Opfertischen tatsächlich zu? Wie lang bleiben die Speisen am Tisch bevor sie gegessen werden?
Ein herzliches "Chúc mừng năm mới"!
Hallo Andersreisender,
Löschenhaha keine Sorge, nicht mal jeder Vietnamese kennt sich da exakt aus, wann was begangen wird und welche Schritte dafür erfoderlich sind.
Mein Mann muss teilweise erstmal bei seiner Mutter nachfragen wann wie was genau war und gemacht wird und erst vor ein paar Tagen habe ich auf einen Beitrag einer jungen, fast verzweifelten Vietnamesin gelesen, die frisch verheiratet nun im neuen Heim das fortan auch selbst übernehmen müsste und keine Ahnung hat wie :)
So richtig detalliert bescheid über alle Ablaeufe und Hintergründe weiss oftmals nur die etwas aeltere Generation.
Um Neujahr gibt es bestimmt mind. an die 6-7 Anlaesse, an denen Gebetet und der Ahnenaltar gedeckt wird.
Ong Tho und Ong Cong verabschieden wir soweit ich weiss am 23.Tag des letzten Monats im Mondkalender in den Himmel, wofür 2 "Sets" Opfergaben vorbereitet werden. Das erste verbrennt man am 23. und bewahrt eines auf dem Ahnenaltar für den 30. auf, wo er zur Erde zurückkehrt.
Zusaetzlich wird am 30. des Mondkalenders auch noch das alte Jahr verabschiedet und am 1., dem Neujahrstag wird dann das neue Jahr begrüsst.
Das ist also nicht mehr für den Küchengott.
Das schöne daran: Jap, man darf tatsaechlich alles aufessen :)
In der Regel werden die Speisen vorbereitet, dann auf die Tabletts drapiert und auf den Ahnenaltar gestellt wozu Raeucherstaebchen angezündet werden und gebetet wird. Sobald dann die Raeucherstaebchen ganz heruntergebrannt sind, darf man darum bitten die Speisen wieder abzuraeumen und kann sie im Anschluss auch gleich verzehren :)
Liebe Grüsse und auch dir ein frohes neues Schlangenjahr,
Keo
Hallo, Keo!
AntwortenLöschenIch habe Deine Antwort erst jetzt gelesen. Auch wenn das "neue" Jahr schon einige Tage alt ist freue ich mich umso mehr darüber.
Wieder zurück in Europa hat man schnell einige Details vergessen und ich wollte noch einmal alles auffrischen. Eben bereite ich meine neue Live-Reisereportage über meine Tour durch Vietnam und Kambodscha vor. Das Tet-Fest hat darin einen besonderen Stellenwert. :-) Danke nochmals für Deine Tipps!