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Auf dieser Seite findet ihr -in den verschiedenen Rubriken unter dem Titelbild- viele nützliche Infos rund um das Thema Vietnam und zudem jede Menge lustig-bis spannende Anekdoten aus meinem Alltag, als Schwiegertochter einer vietnamesischen Familie..

Dienstag, 10. Januar 2012

(KEO) - Tết-Das vietnameische Neujahr, in einer ganz "normalen" Familie

Kaum ist das eine vorüber, steht auch schon wieder das nächste Neujahrsfest an.
Das "eigentliche" Silvester, findet bei uns nämlich erst in rund 2 Wochen statt:
Das vietnamesische Tết-Fest.
Diesmal fällt es auf den 23.01.2012, ein Drachenjahr. Etwas früh, denn im Normalfall wird das "frohe Neue" in Vietnam, so gegen Mitte bis Ende Februar willkommen geheissen.
Dadurch, dass Tết sich aber nach dem Mondkalender (Âm Lịch) richtet, verschiebt es sich alljährlich um einige Wochen und kann wie heuer eben schon Ende Januar sein. Für gewöhnlich liegt es jedoch irgendwann zwischen Februar und März.

Baumbehang für den "Cây Đào"
Und Tet ist wie bei den Deutschen das Weihnachtsfest:  "Traditionsgemäß" die stressigste Zeit im Jahr!
Den Bräuchen und Sitten folgend, muss das gesamte Haus vom (nicht vorhandenen) Keller bis unters Dach
einer Generalreinigung unterzogen werden, etliche Gerichte sind vor-und zuzubereiten, Arbeitskollegen,
Freunden und Familie wird die Aufwartung gemacht, der Altar (der in jedem Haushalt zu finden ist) hat auf Hochglanz poliert zu werden, ein Baum wird herbeigezaubert und geschmückt, Kindern steckt man die roten Briefchen -die ein paar Banknoten beinhalten- zu, für die Erwachsenen besorgt man ganze Geschenkkörbe oder mit Präsenten gefüllte Taschen, Opfergaben werden gebracht und -ein einziges Mal im Jahr- Vorräte herangeschafft.

Die Wohnung auf hochglanz poliert
Alles fiebert auf den einen Moment hin, nach dem sich ganz Vietnam im Anschluss für etwa eine Woche im totalen Ausnahmezustand befindet.

"Chợ Tết" (z.dt. der Neujahrsmarkt)
Denn ist die Neujahresnacht vorüber, sind die Strassen hier wie leergefegt.
Sämtliche Geschäfte, Ämter, Banken und Restaurants haben geschlossen und jeder widmet seine freie Zeit seinen Nächsten. Man besucht sich gegenseitig, holt sein edelstes Tröpfchen aus dem Schrank und es wird
gegessen, gegessen, gegessen und nochmals: gegessen.

Nachdem es den Ahnen serviert wurde, kann man selber zubeissen
Jeder ist einer Hochstimmung, der auch die extrem niedrigen Temperaturen um Tet herum, keinen Abbruch tun können.

Auch bei uns Zuhause spürt man die Veränderungen bereits wieder deutlich und euch interessiert mit Sicherheit, was da genau passiert und wie so ein Jahreswechsel in Vietnam von statten geht.

Da das neue Jahr aber erst noch vor der Tür steht, berichte ich euch einfach wies letztes Mal war.

Der Drache aus Blumen auf dem "Chợ Tết"
Bevor es so richtig losging, also noch gegen Ende des alten Jahres, hatten wir erstmal jede Menge Arbeit in der Firma. Liegengebliebene Unterlagen mussten abgearbeitet- und noch ausstehende Geschäfte oder Verträge weitestgehend unter Dach- und Fach gebracht werden und geliehene Gegenstände oder Beträge wurden zurückgegeben, um zu vermeiden dass das neue Jahr finanziell schlecht läuft.
An einem freien Wochenende sind wir dann mit unserer Kurzen auf den Tet-Markt (Chợ Tết) gegangen um uns die alljährlichen, prachtvollen Blumendekorationen anzusehen und um ein paar rote Umschläge für die Geldgaben an Kinder (lì xì) und etwas Schmuck für den Neujahrsbaum (cây đào) zu besorgen.

Die traditionellen, roten Umschläge (lì xì)
 Die folgenden Tage verbrachten wir damit, verschiedenen Familienmitgliedern, Kollegen und Freunden von uns kurze Besuche abzustatten, oder solche Besuche bei uns Daheim zu empfangen und bewirten.
Das läuft für prinzipiell immer gleich ab. Für die Erwachsenen werden Taschen oder Körbe, gefüllt mit Keksboxen, Tees, Kakao, Kaffee, Zigaretten oder Spirituosen überreicht und den Kindern die schönen Cellophan- od. Papierhüllen (lì xì) zugesteckt, in denen sich je nach wohlstand des Empfängers und des Senders zwischen 20.000-500.000 Dong befinden.

Blick auf das Tet-Feuerwerk, vom 11.Stock eines Hotelbalkons
 Ich würde sagen, dass eine 50-Tausend Dong Note so den gängigsten Inhalt darstellt.
Wichtig ist dabei, dass der Geldschein neu ist. Mindestens aber sauber, glatt und ordentlich gefaltet.
Danach sitzt man bei einem Tee (meistens grüner) oder den -mit einem Schluck Rotwein, edlen Cognac od. Whisky gefüllten- besten Gläsern aus der Vitrine des Hauses, etwa 5-20 Minuten zusammen und erkundigt sich gegenseitig nach der Gesundheit der Familie und den letzten Neuigkeiten oder Veränderungen.
Kaum hat man sich hingesetzt, verabschiedet man sich auch schon wieder und bricht zu seiner nächsten Steppvisite auf.

Auf Neujahresbesuch bei Verwandten
Richtig nett wird dieser Brauch, wenn jemand (wie mein Mann Tung), in gehobenerer Position ist oder einfach einige Mitarbeiter unter sich hat, die ihm die Aufwartung machen müssen.
Auf "diese Weise" haben wir im letzten Jahr dann am Ende der Feiertage rund 6 Stangen Vinataba (Zigarettenmarke), 5 Karton Bia Ha Noi, 1 Karton Heineken Bier (alle a 24 Dosen), 3 Flaschen Jimmy Walker, 2 Flaschen Jack Daniels, 1 Flasche Hennesy, 2 Geschenkkartons mit "Baileys" und Schmuckgläsern, 2 Flaschen Rotwein, 2 Flaschen Weisswein, 6 Geschenkboxen Kekse, 8 Tees, 4 Kakaosorten, 7 Kaffe (Instant u 1"echter"), 3 Karton Pralinen, 2 Karton Schokokonfessionen, 2 Fische und 3 Hühner erhalten ;)
Bestimmt habe ich etwas vergessen, aber das reicht ja auch fürs erste. Ich hatte alles gestapelt und abfotografiert, aber kurz nach Neujahr, am Geburtstag der Kleinen ist dann die Kamera verschwunden bevor ich diese atemberaubenden Bilder hochladen konnte. :(

Die "Präsenttüten" neben Tung beginnen sich zu sammeln
Während der Berg an Mitbringseln immer höher wurde und wir unsere Einkäufe getätigt hatten, haben wir unseren "Weihnachtsbaum" (in Vietnam meistens Kirschblüten- oder Pfirsichbäume, die vorläufig nur Knospen tragen, sich dann zu Tet aber öffnen und den Baum herrlich erblühen lassen) bei meiner Schwiegermutter drüben abgeholt und ihn mit Bi zusammen, mit den Anhängern (Goldfische- und Münzen, rote Fähnchen -auf denen Glückssprüche stehen-, blinkende Lichterketten und falsche Pfirsichfrüchte) geschmückt.

"Cây Đào" der vietnamesische "Weihnachtsbaum"
Am Tag des Tetfestes sind Tung und ich dann früh morgens mit unserer Kleinen ins Kloster raus nach Kien An gefahren. Man will sich ja schliesslich, schonmal das Wohlwollen der Götter und Geister, im Vorraus für das nächste Jahr sichern.
Nachdem wir gebetet- und jeder Gottheit ein bisschen Kleingeld zugesteckt hatten, sind wir nach Hause gefahren um das gesamte Haus auf hochglanz zu bringen und das Essen für unseren Hausaltar vorzubereiten.

Mit Hân vor dem Kloster
Hierfür muss ein Huhn gekocht, ein Schälchen mit Kräutersalz -in das eine kleine grüne Zitrone und kleingehackte Chillischoten kommen-, gebratene Frühlingsrollen, Miến (Glasnudelsuppe), gebratener Fisch und ein Schälchen Mắm (Fischsosse) auf ein grosses, rundes, silbernes Serviertablett arrangiert werden und dann ca. für die Dauer des Abbrennens von Räucherstäbchen, mit auf den Hausaltar gestellt werden.

Einige der typischen Gerichte zu Tết
Weitere Gaben sind Spirituosen, ein Bündel Falschgeld (tiền vàng) und eines mit verzierten Papier, zu besonderen Anlässen wie diesen zusätzlich noch ein ganzes Set aus Papiergegenständen wie Pferden, Toilettenartikeln, Autos, Kleidung, Schuhe und ganze Häuser, dass hinterher alles in einem kleinen Blechofen verbrannt wird.

Das "Geistergeld". Opfergaben aus Papier
Ausserdem noch Zigaretten (von denen eine für die Geister angezündet und auf ein abgebranntes Räucherstäbchen gesteckt wird-brennt sie ganz ab und bleibt die Asche dabei auf dem Stummel, ist das ein gutes Zeichen und bringt Glück), Blumen (in der Vase und lose Blütenköpfe auf einen Teller verteilt), ein Gefäß mit trockenem Reis und ein weiteres mit Salz gefüllt, ein Miniatur-Teeservice mit frischen Wasser, ein Topf zum einstecken der Räucherstäbchen und ein kleiner Teller auf dem ein grünes Blatt mit dazugehörender Frucht liegt (chau cau/den dt. Namen kenne ich leider nicht).

Der hauseigene Altar in der Neujahrsnacht
Als wir dann unsere Opfergaben gebracht hatten, haben anh Tung und ich mit aufeinandergelegten Handflächen in Brusthöhe, zu den verstorbenen Ahnen gesprochen und uns hinterher 3xMal vor dem Altar verneigt.
Nach gut einer halben-dreiviertel Stunde, haben wir das Tablett mit dem Essen und die einzelnen Papiergaben nach unten geholt und die falschen Scheine, Pferde, Kleidungsstücke und Co in dem kleinen Blechofen vor der Haustür verbrannt.
Auch im Erdgeschoss hatten wir einen riesen Teller mit den ausgewählten Gerichten aufgestellt.

Früchteteller und Blumenschmuck für den Hausalter
Bis wir endlich mit allem fertig waren, war es auch fast schon Mitternacht und wir haben uns schnell auf den Weg, zum nahegelegenen Haus meiner Schwiegermutter gemacht, für die ich schon am Tag zuvor das Haus geputzt hatte, damit sie in Ruhe ihre Vorbereitungen treffen konnte.
Weil er der einzige männliche Nachkomme ist, muss anh Tung auch hier, gemeinsam mit seiner Mutter für eine ausreichende Verehrung der bereits verstorbenen Familienmitglieder sorgen.
Als wir eintrafen, saß sie bereits in ein Gebet vertieft vor dem Hausaltar, im obersten Stockwerk ihres Zuhauses. Bi trieb uns zur Eile an, weil sie pünktlich um 0 Uhr, auf der Dachterrasse das Hai Phonger Feuerwerk ansehen wollte.

Meine Schwiegermutter noch mit Lockenwicklern im Haar, ins Gebet vertieft
Darum machten anh Tung und ich uns ebenfalls schleunigst daran, ein paar "Tackte" zu den Verstorbenen zu sprechen, so dass wir rechtzeitig zum Abschuss der Raketen fertig waren und auf den Balkon traten.
Allerdings wurden wir, besser gesagt Han (Bi's richtiger Name) herbe enttäuscht, da von dort aus lediglich ein bunter Schimmer am Himmel zu erkennen war.
Dementsprechend enttäuscht stampfte unser Zwerg (wobei sie inzwischen eigentlich schon der totale Lulatsch ist) einige Male kräftig mit den Füssen auf, quetschte ein paar Tränen raus, quengelte und quietschte ein wenig und lies sich erst durch einen "lì xì" wieder etwas aufmuntern.

Bi stampft frustriert auf! :)
Das meine Schwiegermutter bereits kurz nach unserem Eintreten erschreckt meinte, wir sollten den Hund wieder rüber bringen, weil der ein schlechtes Omen für das kommende Jahr sei, haben wir übrigens
"überhört". War doch fast so, als hätte sie gesagt: "Bringt euer Kind weg, das bringt Unglück!" ;)
Ausserdem hat King Kong schreckliche Angst vor den Böllergeräuschen (auch wenn die richtig langen,lauten Böllerketten schon längst verboten sind), weshalb wir den vorangegangenen Jahreswechsel überhaupt erst Zuhause verbracht haben.
Den im vorletzten und vorvorletzten hatten wir ausserhalb, im Restaurant oder einem Tanzlokal verbracht.

Mit "lì xì" in der Hand konnte Bi dann auch wieder lachen
Kurz nach dem Feuerwerk sind anh Tung und ich wieder zu uns gegangen, wo wir noch ein bisschen gefernseht-, etwas von den leckeren Mahlzeiten gegessen- und die Jahreshoroskope unserer entsprechenden Tierkreiszeichen studiert haben.

Anh Tung kommt seiner Pflicht nach
Fast die kompletten Feiertage im Anschluss, haben wir wie vermutlich die meisten Vietnamesen, damit verbracht sämtliche nähere, entfernte und ganz weit entfernte Verwandte auf dem Land und in den Dörfern in und um Bac Giang zu besuchen.

Hinterher war die kleine Maus wieder froh
Und so schnell wie es gekommen war, war es auch schon wieder vorbei und nun steht bereits das nächste Tet-Fest vor der Tür!

Noch ein letzter Abschiedskuss für mein kleines Pony...


bevor anh Tung es erbarmungslos in den kleinen Metallofen stopfte...


 und den Flammen übergab..!



Und damit wünsche ich euch allen, im Vorfeld schon einmal ein frohes und erfolgreiches, neues Jahr des Drachen!