Willkommen auf meinem Blog

Auf dieser Seite findet ihr -in den verschiedenen Rubriken unter dem Titelbild- viele nützliche Infos rund um das Thema Vietnam und zudem jede Menge lustig-bis spannende Anekdoten aus meinem Alltag, als Schwiegertochter einer vietnamesischen Familie..
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Samstag, 16. März 2013

Häuschen, Häuschen du musst wandern (Nachbarschaftskrieg)

Wenn es was gibt, worin ein echter Löwenanteil an den in Vietnam lebenden Vietnamesen die ich bisweilen kennengelernt habe ehrlich gut ist, dann ist das mit viel Stolz und Selbstüberzeugung zu verkünden, wie toll und sozial die eigenen Landsleute hier doch miteinander umgehen.
Wieviel Respekt man im Umgang miteinander hat und wie Streitigkeiten ja nie-, niemals offen oder lautstark ausgetragen werden...(haha denkste! :p ) wie klasse man seine Kontakte, Beziehungen und die Gemeinschaft innerhalb der Nachbarschaft pflegt und so weiter und sofort... ;)

Und da schieben sie wieder... :)
Was bei diesen Ausführungen, derer die Vietnamesen auch nie müde werden selbstverstaendlich nicht fehlen darf ist, dabei noch zu unterstreichen, wie unfaehig, unsozial und kalt im Gegenzug doch wir "Kartoffeln", sprich die Langnasen auf diesem Feld sind! (das eigentl. niemand der laesternden Personen schon mal im Ausland war, um sich ein Bild davon machen zu können, ob wir Auslaender überhaupt tatsaechlich so sind, oder diese überhaupt auch nur einen einzigen Auslaneder kennen würden, aufgrund dessen Verhalten sie sich dieses Urteil evtl. haetten bilden können, tut aber nix zur Sache und der Überzeugung keinen Abbruch!) :D

Vorangehendes Thema ist in regelmaessigen Abstaenden mitunter Gespraechsstoff für leidenschaftliche Debatten zwischen meinem Mann und mir, da dieser die weitverbreitete Meinung seiner Mitbürger teilt, -ich im hingegen der Auffassung bin, dass sich Vietnamesen im Grunde nicht grossartig von Westlern unterscheiden, weil Mensch nun mal Mensch ist und diverse Gegebenheiten wie Eifersucht, Neid, Cholerik od. Sanftmut, Streben nach Macht oder Nachsicht, Freude, Leid usw. usw einfach in der Natur des Menschen liegen und vom Charakter des einzelnen abhaengig sind und sich von daher schlicht nicht auf div.Nationalitaeten festlegen lassen.

Folgend meiner Einstellung betrachte ich nun seit rund einer Woche also mit völlliger Genugtuung ein -für mich sehr amüsantes- für die Beteiligten wohl eher aeusserst nervenaufreibendes Schauspiel, dass sich direkt vor unserer Haustür abspielt.

Die "Lady in black" ist übrigens Auslöser allen Übels ;)
Was da stattfindet ist eine waschechte Nachbarschafts-Kleinkriegs-Posse. Krieg am Gartenzaun, könnte man sagen. Schauplatz des Geschehens hier allerdings unser ganzer, separat liegender Strassenzug mit allen hier lebenden Parteien und was des Deutschen liebster Streitgrund zu solchen Gelegenheiten -naemlich der Gartenzwerg- ist, ist hier: Unser Pförtner- bzw. Sicherheitsdienst-Haeuschen! :)

Und letzters wandert bereits seit einigen Tagen von einem Ort zum anderen..Aktuell stehts direkt neben unserer Haustüre, weshalb wir gerade vermutlich ein besonders hohes Maß an Sicherheit geniessen :p

 Aber der Reihe nach: Das Haus meiner Schwiegermutter, in das wir vor kurzem ja vorübergehend zurückgekehrt sind, liegt im "Khu Trai Cau". Das ist ein von der Hauptstrasse abgehendes, ruhiges und gehobenes Wohnviertel mit nochmals 3 internen Strassenzügen, in dem schnieke Haueser stehen, deren Besitzer zur besser verdienenden od.zumeist eher einflussreichen Schicht gehören, die sich zwischenzeitlich fast allesamt auch schnieke Autos zu ihren schnieken Haeusern gegönnt haben.

Haeuschen, Haeuschen du musst wandern... :p
 Weil die Strassen hier so schön breit sind und weil das parken der Autos im eigenen Wohnzimmer heutzutage auch total "nha que", also etwas "bauernhaft" und unmodern ist und natürlich auch zur allgemeinen Sicherheit, haben sich die Bewohner des Viertels vor ein od.zwei Jahren dazu entschlossen, gemeinsam ein paar Security Leute anzuheuern, die in verschiedenen Schichten, rund um die Uhr dafür sorgen,
dass nurnoch die Leute Zutritt zu unserem Block erhalten, die hier auch wirklich hingehören.

Da`s bei uns im Winter mitunter allerdings recht frostig werden kann und die Securitys (vietnamesisch "bao ve") ja zudem 7 Tage die Woche 24 Stunden am Tag anwesend sein müssen, haben sie sich ihr eigenes, kleines Blechhaeuschen -viereckig mit kleinem Fenster, einem Dach und einer Türe) mitgebracht und dieses ursprünglich direkt am Eingang des Viertels, da wo die Zufahrt in die Hauptstrasse mündet, aufgestellt.

Das widerum ist eigentlich die naheliegendste Lösung, weil auf diese Weise das komplette Gelaende abgesichert ist, man sofort sieht wann wer rein und rausgeht und darüber hinaus von Aussen gleich ersichtlich ist, dass dieser Bereich überwacht wird, was Langfinger und Randale vermutlich gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen laesst.

Gleich parkt es wieder vor unserer Haustür ;)
Bis zum heutigen Tage schien auch jeder zufrieden darüber zu sein, wie das geregelt wurde.
Betonung liegt jedoch auf "schien", denn vorige Woche nun, gab`s Vormittags ein lautes Gedröhne und Geschepper und bei meinem Blick nach draussen sah ich, wie ein ganzer Haufen Halbwüchsiger gerade dabei war, das Pförtner-Haeuschen über die Strasse in Richtung unseres Hauses zu ziehen.

Nicht weit hinter diesem liessen sie es dann auch mitten auf der Strasse stehen.
Binnen Kürze bildete sich eine Traube wutentbrannter Anwohner um die Teenies und die zwei anwesenden Securitys, die ihnen machtlos ob deren Tat gefolgt waren und sofort entbrannte eine laute Diskussion die mich wisssen ließ, dass scheinbar die Eigentümer des ersten Hauses vorne Links nicht mehr gewillt waren, das kleine Blechhaeuschen, etwa auf Höhe ihres Domizieles noch laenger zu akzeptieren.

Schon gegen Mittag des vorigen Tages stand das Haeuschen nicht mehr an seinem angestammten Platz am Strassenrand unmittelbar zur Kreuzung, sondern "mittendrin statt nur dabei" genau IN der Strasse, so das Autos und Motorraeder links und rechts daran vorbeifahren mussten. Das hatte mich zwar ein wenig verwundert, allerdings dachte ich, das waere vielleicht die Idee der Securitys gewesen, evtl. um ein-u.ausfahrende Fahrzeuge besser kontrollieren zu können, oder so aehnlich.. ;)

Das Haus geradeaus hat übrigens einen Geist :)
Aber denkste! Jetzt stand das Teil jedenfalls Mitten in der Mitten wie der Bayer so schön sagt und die vielen dicken Autos unserer Nachbarn konnten nurnoch mit Mühe seitlich daran vorbeimanövrieren.
Mit jedem neuen Vehicel das vorsichtig versuchte vorüberzukommen, wurden die Stimmen des inzwischen grossen Menschenauflaufes lauter und wütender.

Alle schrien wild durcheinander und mittlerweile wirkte das ganze eher wie das anprangern bei einer Hinrichtung auf einem Markplatz im Mittelalter, als unter einer ach so zivilisierten und sozialisierten Nachbarschaftsgemeinde in Vietnam. Haetts Eier und verfaultes Obst gegeben, waer das mit Bestimmtheit auch geflogen und erst als die herbeigerufenen Polizisten und der Vorsteher des Volkskomitees unseres Zustaendigkeitsbereiches eintrafen, kristallisierte sich ein Alphamaennchen unter dem aufgebrachten Mob heraus, der das Sprechen übernahm.

Eine Entscheidung wurde vom Vorsteher und der Polizei gefordert, als die jedoch nicht kam, wurden Stimmen nach einer Unterschriftenliste laut. Dann nach einer Vollversammlung der Bewohner des "Khu Trai Cau" plus sozusagenden "Gemeinderat", was im Anschluss so auch besiegelt wurde.

`09 mit meinem Bruder - noch fast Auto-frei
Die fand auch schon statt aber scheinbar ist man auch dort nicht zu einer von allen Parteien akzeptierten Lösung des Problemes gekommen, denn seither wandelt das kleine Security-Haeuschen taeglich von einer Stelle zur anderen und wird mind. 2-3 Mal am Tag geraeuschvoll durch die Strasse gezogen, was immerzu ein mind. ebenso geraeuschvolles Wortgefecht der Hausbesitzer mit sich bringt.
Das bevorzugteste Plaetzchen ist allerdings schraeg vor unserer Haustüre und das ist eine ganz glückliche Fügung des Schicksales für mich gewesen, hat mir das Haeuschen doch vorgestern Deckung vor meiner Schwiegermutter geboten, als ich mal wieder zu einer meiner mitternaechtlichen Touren mit King Kong aufbrechen wollte.

An diesem Tag war die unterwegs zu einer Tanzveranstaltung und wollte erst gegen 0 Uhr 30 wieder Zuhause sein. Um ihr nicht in die Arme zu laufen, machte ich mich deshalb um kurz nach 12 auf den Weg (die sieht das naemlich gar nicht gerne, wenn ich so spaet noch unterwegs bin, um nicht zu sagen, eigentlich darf ich es nicht solange wir wieder bei ihr im Haus sind).

Aber wie das Leben so spielt, kam der schwarze Jeep der sie abliefern sollte just in dem Moment in die Einfahrt gebogen, als ich mich gerade zur Tür herausgeschlichen- und leise das Schloss zugemacht hatte.
Mit einem Satz packte ich mir King Kong auf den Arm und hechtete fast gleichzeitig hinter das angrenzende Blechhaeuschen, dass mir Sichtschutz bot.
Knapp ist gar kein Ausdruck, aber ich bin unentdeckt davongekommen :D

Blick vom Balkon Richtung Einfahrt des Trai-Cau-Viertels
Mein abschliessendes Fazit ist jedenfalls, dass so richtig schöne, ordentliche Nachbarschaftspossen kein inner-deutsches Phaenomen- und die Vietnamesen uns Deutschen in der Beziehung gar nicht so unaehnlich sind (auch wenn sie das niemals freiwillig zugeben würden) :p
Ich bin schon gespannt, wo das Haeuschen heute wieder stehen wird :D

Mittwoch, 6. Februar 2013

Der Frauenmangel in China - Ein ernsthaftes Problem für die Frauen Vietnams

Hallo meine Lieben,

über Facebook hat gerade jemand aus meiner Freundesliste einen sehr interessanten Link geteilt,
den ich euch nicht vorenthalten möchte.

Es geht um ein sehr heikles Thema, dass ich bereits vor einiger Zeit schon einmal hier im Blog in der Reihe über die Ahnenverehrung angeschnitten hatte. Im aktuell dritten- od. vierten Beitrag dieser Serie über Ablaeufe und Hintergründe der Ahnenverehrung mit Titel (Ahnenverehrung II - Das Kreuz mit den maennlichen Nachkommen), habe ich damals erklaert, warum es für Laender wie Vietnam und China (die eine fast identische Form der Ahnenverehrung ausüben) so unerlaesslich ist, ausgerechnet einen maennlichen Nachkommen zu haben.

Dieser im Grunde genommen, fast schon zwanghafte Bedarf an einem Jungen in der Familie, gepaart mit der chinesischen Ein-Kind-Politik, hat in China tatsaechlich zu einem ernstzunehmenden Frauenmangel geführt.

Die wenigen die es gibt, entscheiden sich in der Regel natürlich für die beste Partie, sprich wohlhabende-, gebildete-, junge und gut-aussehende Staedter und für den grossen Rest, den vielleicht etwas weniger gebildeten, aermlichen oder nicht so hübsch aussehenden Maennern vom Lande, bleibt schlicht und ergreiffend einfach aufgrund des Mangels nichts mehr übrig.

Es gibt wahrhaftig nicht mehr genug Frauen, im heirats-od.gebaerfaehigen Alter beim "grossen Bruder".

Diese Tatsache hat nun dazu geführt, dass sich die Chinesen sozusagen am "Bestand" der Nachbarlaender (der in selbigen allerdings auch eher ein "Bedarf" ist, weil es selbst dort derzeit eigentlich nicht genug junge Frauen und Maedchen gibt) "bedienen".

Hier "Werbung" für koreanische Ehemaenner..
Teilweise -zwar etwas fadenscheinig-, dafür aber ganz legal, beispielsweise über Anzeigen wie auf dem Foto oder "Ein-bzw Abkaeufe" der Maedchen und Frauen, bei denen die Chinesen in die Dörfer kommen, sich die "Ware Frau" zeigen lassen und im Anschluss mit den Eltern ihrer Auswahl einen Brautpreis vereinbaren,
grösstenteils jedoch illegal.

Bei diesen Aktionen werden die oftmals noch halben Kinder einfach aus den zumeist abgelegenen Bergregionen entführt und ins Nachbarland verschleppt, oder durch vorspielen falscher Tatsachen und Versprechungen über die Grenze gelockt, wo dann die Falle zuschnappt - und wer erst einmal in diese Falle getreten ist, für den gibt es so gut wie kein Entrinnen mehr.

Nur den wenigstens gelingt früher oder spaeter noch die Flucht.
All die anderen wehrlosen Opfer, die nicht mehr das Glück haben zu entkommen, werden dann als Braeute und Gebaermacshinen an chinesische Maenner verschachert.
Es soll sogar Faelle gaeben, in denen die vietnamesischen Frauen und Maedchen gleich für mehrere- oder im schlimmsten Falle gar für die gesamte maennliche Verwandtschaft, ihrer neuen chinesischen "Familie" als Braut und Brutkasten dienen mussten.

Viele erleiden aber auch das grauenvolle Schicksal, in einem der etlichen, heruntergekommenen Bordelle Chinas zu landen, wo sich ihnen Tag-taeglich dutzende von Maennern aufzwingen und sie vergewaltigen.

Und selbst für die geringe Anzahl derer, die es geschafft haben, aus den Klauen ihrer Peiniger zu entwischen ist das Martyrium deswegen noch lange nicht vorbei, denn zurück in ihren Dörfern, werden sie für gewöhnlich fortan geaechtet, weil sie ihre Unschuld bereits verloren haben.
Ob gewollt- oder ungewollt, durch eine Vergewaltigung, spielt für die zumeist noch stark konservativen Dorfgemeinden leider selten eine entscheidende Rolle.

In der kurzen Dokumentation, die ich vorhin darüber bei Facebook entdeckt habe, wird der Leidensweg zweier junger Vietnamesinnen wiedergegeben, denen es gelungen ist sich zu befreien und zu ihren Familien in Vietnam zurückzukehren.
Ausserdem wird über eine Frau berichtet, die sich dafür einsetzt den geschundeten Maedchen wieder in ein halbwegs normales Leben zu verhelfen.
Die versucht mit den jungen Frauen dere erlittenen Schicksalsschlaege zu verarbeiten und die zudem darum bemüht ist ihnen beizubringen, mit den Aechtungen umzugehen, die ihnen nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat oftmals wiederfaehrt.

Aber seht euch den Clip am besten nun selbst an. Hier ist der Link:




Eure Keo

Sonntag, 11. November 2012

Ahnenverehrung II - Das Kreuz mit dem männlichen Nachkommen

In fast allen Ländern, die den Ahnenkult begehen gibt es ein entscheidendes Problem;
einen Mangel an weiblichen Nachkommen.

Dieses wirklich gravierende Problem hat ausser Vietnam beispielsweise auch noch sein Nachbar China,
wo das Phänomen sogar noch um einiges verstärkt auftritt.

Seit in beiden Ländern der technische Fortschritt eingezogen ist und durch Errungenschaften wie Ultraschall, die der breiten Bevölkerung zugänglich sind auch das Geschlecht des Nachwuchses bestimmt werden kann, hat der Überfluss an männlichen Nachkommen so stark zugenommen, dass sozusagen ein echter Versorgungsengpass an Mädchen und jungen Frauen entstanden ist.

Das geht sogar so weit, dass hauptsächlich in China etliche Junggesellen keinerlei Aussicht mehr auf Heirat geschweige denn Familie haben, weil schlicht und ergreifend nicht genügend Partnerinnen zur Verfügung stehen.

Die Auswahl ist ohnehin stark begrenzt und die wenigen, noch freien Mädchen, im heiratsfähigen Alter suchen sich selbstverständlich dann zunächst einmal diejenigen Männer heraus, die hübsch und gebildet sind und aus gutem Hause mit ordentlich Wohlstand stammen.

Entscheidend ist ausserdem ein Aufenthaltstitel für die Stadt, denn im Grunde keine der jungen Frauen möchte ihr künftiges Dasein als Bäuerin auf dem Lande fristen.

Das ist zwar mehr als legitim, führt dann allerdings dazu, dass Jungen, die aus ärmeren Familien oder aus ländlichen Gebieten stammen am Ende tatsächlich keine Frau mehr abbekommen könnten.

Das hat einen riesigen, illegalen Markt aufgetan, denn die Nachfrage an jungen Mädchen und Frauen ist wahrhaftig so gross, dass sich Schlepperbanden aufgetan haben, um diese Nachfrage mit dem Raub von Frauen und Mädchen z.B. aus den Bergregionen der Nachbarländern zu füllen.

Ich selbst bin vor einigen Jahren einmal Zeugin eines solchen traurigen und schmutzigen Geschäftes geworden. Mein Mann und ich saßen gerade in einem gewöhnlichen Lokal beim Mittagessen,
als eine extrem aufgetackelte Vietnamesin mit 2 augenscheinlich sehr reichen, chinesischen Geschäftsmännern durch die Tür trat.

Kurz darauf konnten wir die drei dann über einige Mädchen aus einem Dorf verhandeln hören, die die drei Chinesen später am Tag scheinbar noch besichtigen sollten.
Es war offensichtlich, dass sie gekommen waren, um sich eine Ehefrau zu kaufen und die aufgetackelte Dame die Vermitterlin war.

Diese Mädchen, die meist nichts von dem ahnen, was ihnen schwant, werden "offiziell" als Dienstmädchen bzw Haushaltshilfe verkauft, müssen aber hinterher ihre vermeintlichen Arbeitgeber ehelichen und oftmals dann gleich noch die gesamte männliche Verwandtschaft "mitbedienen", wenn ihr versteht..

Das ist aber nur ein Weg. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Mädchen direkt aus ihren Heimatdörfern entführt werden. Hier handelt es sich um echten Menschenraub, bei denen die Mädchen vom Feld oder in Nacht und Nebelaktionen aus ihren Schlafzimmern heraus entführt- und über die Grenze geschleppt werden um sie danach als Bräute zu veräussern.
Sie sehen ihr Zuhause und ihre Eltern vermutlich nie wieder und dienen ab da nurnoch dem einen Zweck, die sexuellen Bedürfnisse ihrer "Ehemänner" und wie oben beschrieben unter den schlimmsten Umständen zusätzlich noch deren männlicher Verwandten zu befriedigen und darüber hinaus als Brutmaschinen für den so dringen benötigten männlichen Nachkommen.

In Vietnam ist es zwar noch nicht ganz so tragisch, jedoch haben wir uns auf einem Weg dorthin befunden.
Im Moment bin ich mir nicht wirklich sicher, in welche Richtung wir uns weiterentwickeln werden,
denn einerseits, Leben immer mehr junge Familien das Motto: "Es ist egal, was es ist, hauptsache es ist gesund!" und heissen auch kleine Mädchen willkommen, andererseits herrscht nach wie vor noch grosser Druck seitens der Familie, einen "Stammhalter" zu produzieren und bei vielen ist es nach wie vor auch noch Trennungsgrund, wenn dieser ausbleibt und die Frau gar keinen oder nur weiblichen Nachwuchs zur Welt bringt.

Die Schuld gibt man natürlich ihr und gebärt die Schwiegertochter nur Mädchen, kommt schon mal die eine oder andere Schwiegermutter und legt ihrem Sohn ans Herz eine "neue Frau, ein neues Glück" zu suchen und es erneut zu probieren.

Warum ist der männliche Nachwuchs so wichtig und was hat das Ganze mit der Ahnenverehrung zu tun?
-Die Schwierigkeit entsteht dadurch, dass es eigentlich Männersache ist, die Ahnen zu ehren und das diese für die sehr gläubigen Vietnamesen oder Chinesen äusserst wichtige Aufgabe künftig von einem Sohn der Familie fortgeführt werden soll.

So ist es zum Beispiel die Arbeit meines Mannes, an wichtigen Feiertagen wie Neujahr ect den Ahnenkult zu vollziehen.
Wenn mein Mann dann eines Tages altersbedingt dies nicht mehr übernehmen kann, oder vielleicht inzwischen selbst verstorben ist, sollte dann eigentlich sein Sohn einspringen.

Wenn wie bei uns bis jetzt jedoch nur eine Tochter da ist, befindet sich die jeweilige Familie in einem echten Dilemma.
Auch bei uns fehlt demnach noch der Stammhalter, der dieses wichtige Amt übernehmen kann.

Besonders fies war deshalb die Aktion unserer "Ex-Familie" (wer "Meine Geschichte" bislang verfolgt hat, hat ja bereits einen kleinen Einblick über unsere quasi familiären Hintergründe), die -als ihnen die Mittel an Lügen um uns auseinander zu bringen langsam ausgegangen waren- dann einfach behauptet hatte,
ich könne aufgrund einer vorangegangenen Krebserkrankung im zarten Alter von 18 Jahren keine Kinder mehr bekommen (was natürlich völliger Quatsch ist) um so besonders meiner Schwiegermutter Panik dahingehend zu machen, der männliche Nachwuchs könne nun ausbleiben, damit diese dann Druck auf meinen Mann ausübt, sich von mir zu trennen..

Glücklicherweise will mein Mann davon nicht hören und auch wenn ich weiss, dass selbstverständlich auch er sich einen Stammhalter wünscht, ist das für meinen Mann kein Grund zur Trennung und selbst wenn wir Zukunft ebefalls lediglich eine Tochter bekommen würden (Bi ist ja nicht mein leibliches Kind), würde er dies als von "Gott" gegeben annehmen und sich auch über weibliche Nachkommen freuen.

Da habe ich ehrlich gesagt ziemliches Glück gehabt, denn wie gesagt nicht jede Familie, nimmt dieses Thema so wenig ernst. Wobei.."ernst" ist das flasche Wort. Ernst nimmt meine Familie das sehr wohl, nur sollte dem nicht so sein, würden sie es schlicht als vom Schicksal so vorbestimmt sehen.

Ich bin erfreulicher Weise aber selbst auch ganz wild auf einen kleinen Jungen, auch wenn das bei mir andere Gründe hat.
Dafür ist aber nun erstmal noch etwas Zeit, da im kommenden Mondjahr die Schlange an der Reihe ist und dieses Tierkreiszeichen von der Konstellation nicht wirklich mit den unseren zusammenpasst.
Ausserdem wollen wir nun erstmal unseren Umzug in die Wege leiten und hinter uns bringen bevor wir demnach frühestens ab März/April nächsten Jahres mit den "Vorbereitungen" beginnen werden. ;)

Hier übrigens noch für euch ein ganz interessanter Dreiteiler zum Thema "Überschuss an männlichen Nachkommen in China und was die Regierung dagegen unternimmt", den ich vor einiger Zeit auf Youtube gesehen habe:





Donnerstag, 13. September 2012

Treibjagd

[Ersteinmal vorweg: Mach dir bitte keine allzu grossen Sorgen, wenn du das hier liest meine liebe, süsse Prinzessin. Wir wissen jetzt ja definitiv bescheid und werden deshalb natürlich nun verstärkt auf King Kongs und unsere Sicherheit achten. Ich bespreche das aber auch noch in Ruhe mit dir. Hab dich soooo sooo lieb mein Engel! Mach dir keinen Kopf wegen der Sache.]

Diejenigen von euch, die mich vielleicht durch das Forum oder von privat her etwas besser kennen, wissen sicherlich auch, dass ich regelmässig auch nachts nochmal eine Runde drehe.

Dabei habe ich mich stets sicher gefühlt und tatsächlich gab es in den vorangegangenen zwei Jahren nicht ein einziges Mal auch nur den geringsten Anlass dazu, sich Sorgen machen- oder gar echte Angst haben zu müssen.

Das hat sich seit der Nacht- oder genauer gesagt in der Nacht von Mikas verschwinden vor einigen Tagen (von dem ich euch am Sonntag im Blog berichtet hatte), nun schlagartig geändert.

Um die Zusammenhänge besser verstehen zu können, rate ich euch, euch zunächst einmal diese Geschichte durchzulesen, falls ihr sie noch nicht kennt und erst dann hier fortzufahren.
Unter "Ein schwarzer Tag" könnt ihr das nochmal nachlesen.

Wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, war so einiges bezüglich dieser verhängnisvollen Nacht falsch von mir interpretiert worden.
So gab es scheinbar den von mir beschriebenen "Suchtrupp" niemals.
Fälschlicherweise hatte ich das angenommen, nachdem ich gehört hatte, dass nach dem Hund gesucht worden war.

Zwar war nach ihr gesucht worden, das allerdings nur von unserem Nachbarn selbst, der lediglich von einem einzelnen Freund begleitet wurde und das Ganze zudem auch noch zu einem völlig anderen Zeitpunkt, als der, zu dem ich die vermeintlichen "Helfer" der Suche draussen angetroffen habe.

Kurzum: Das Augenmerk dass diese Typen auf die Strasse gerichtet hatten, galt allem Anschein nach wohl doch King Kong und mir.
Der Gedanke, dass Mika unter Umständen nur deshalb diesen Kerlen in die Arme laufen konnte, weil diese gekommen waren um eigentlich uns zu suchen, bricht mir das Herz.
Ich werde seitdem das schreckliche Gefühl nicht mehr los, irgendwie Schuld an ihrem Tod zu sein.

Sicher fragt ihr euch, wie ich darauf komme, dass dieser Haufen Halbstarker hinter uns her war.
Bislang wisst ihr ja bloß, dass es sich nicht um Freunde oder Bekannte meines Nachbarn handelte.

Es gibt eine kleine Vorgeschichte zu den ganzen Ereignissen vom Samstag und seither auch weitere, Besorgnis erregende Zwischenfälle, die mich und anh Tung zu diesem Schluss kommen lassen.

An dieser folgenschweren Nacht vor 4 Tagen, war ich wie üblich im Viertel an den Bahngleisen.
King Kong spielte mit einer Freundin (dem "Erdferkel" wie sie liebevoll von mir getauft wurde und die im letzten Sommer rund 2 Monate zum "decken" bei uns verbracht hatte) und ich unterhielt mich unterdessen mit ihrem Besitzer.
Kurz darauf kam ein mir bisweilen unbekannter und auf mich äusserst unsympathischer wirkender Bursche hinzu, der obendrein dem Anschein nach auch noch ein Junkie war.

(Anh Tung warnt mich stets vor ihnen, denn die haben in der Regel keinen müden Dong in der Tasche, sind häufig bereits an HIV erkrankt und habe im Grunde genommen meist nichts mehr zu verlieren.
Nicht selten sind es eben diese Drogensüchtigen, vor denen sich die Hundebesitzer hier in Acht nehmen müssen.
Neben den "gewöhnlichen" Hundefängern -die für die Hunderestaurants arbeiten- sind sie es, die skrupellos die Halter der Tiere überfallen und deren Hunde rauben um sie im Anschluss für ein paar Zehntausender -einem Gegenwert von ein paar Euro- zu verschachern, womit sie sich den nächsten Schuss finanzieren.
Aber auch die Halbwüchsigen in den Internetcafes sind in unserer Stadt nicht zu unterschätzen.
Auch die sind schnell mal zu kriminellen Handlungen bereit, wenn dass Geld nicht mehr ausreicht, um davon ihre Internet-bzw Spielesucht zu bezahlen.)

Jedenfalls zeigte dieser Typ sofort reges Interesse an King Kong und holte sich jede Menge Auskünfte über uns ein, die ihm der Besitzer des Erdferkels -dieser Held!- auch bereitwillig gab.
Mehr noch, denn um dem noch eines draufzusetzen, musste er ausserdem mit besonders grossen Eifer Kund tun, wie aussergewöhnlich intelligent- und vor allem WERTVOLL King Kong doch wäre.
Er rechnete ihm vor, wieviele Millionen man für King Kong mit Sicherheit bekommen würde und deklarierte weiter, wie sehr er auf Nachwuchs von King Kong aus sei, da diese sich bestimmt ebenfalls zu einem spitzen Preis verkaufen liessen.

Meinen Blick, der ihm bedeuten sollte still zu sein, sah er nicht und lieferte deshalb auch noch auf die Frage, wo ich wohnen würde eine mehr als präzise Antwort.
Ich war (den gierigen Blick des vermutlichen Junkies im Auge) alles andere als begeistert von diesem über ausführlichen Redeschwall anh Anh`s (der Name von Erdferkels Herrchen).

Da sich die beiden aber zumindest flüchtig zu kennen schienen, dachte ich mir nicht zu viel dabei.
Ein grober Fehler, der vermutlich Mika das Leben gekostet- und King Kong und mich anscheinend zumindest bereits in Gefahr gebracht hat. :/

Noch keinen wirklichen Verdacht schöpfend ging ich kurz darauf weiter, doch nur wenige Zeit später ereigneten sich dann bereits die ersten seltsamen Zwischenfälle, wie dieser Kerl auf dem Motorrad, der mir in zwei verschiedenen Einfahrten auf meinem Weg begegnete und mich mit regungslosen Blick anstarrte, oder der, der an mir vorüberfuhr, wendete um dann erneut an mir vorbeizufahren.

Weder diese beiden, noch die zwei vollbesetzten Motorräder, die aus unserer Einfahrt kamen, oder die jenigen, die gerade mal eine knappe Minute nach mir in unsere Gasse kamen (übrigens eine Sackgasse mit nur wenigen Häusern und man sich demnach untereinander kennt), an unserem Haus vorüberfuhren und im Anschluss sofort wieder verschwanden, waren jemals von irgendeinem "Suchtrupp" für Mika gewesen.

Leider waren es scheinbar aber sie, die Mika fanden..
Sie war ja in dem Moment, als ich das Türschloss öffnete am Eingang unserer schmalen Strasse.
Sicher lief sie nicht hinein, weil sie mich stehen sah und Angst hatte.
Wäre ich nicht dort gestanden, wäre sich bestimmt hereingekommen und hätte eben so lange vor der Tür gewinselt, bis mein Nachbar auf sie aufmerksam geworden wäre und sie reingelassen hätte.
So war sie aber vielleicht genau in dem Augenblick hier, als diese Kerle auf der Suche nach uns hineinfuhren und sie mitnahmen?!

Ich weiss es nicht genau, aber ich fürchte, dass es womöglich so gewesen sein könnte und das macht mir zugegeben ganz schön zu schaffen.. :(

Ich wollte zwar eigentlich ab da künftig nicht mehr zu spät noch mit King Kong spazieren gehen,  aber am folgenden Abend ergab es sich erneut, dass wir erst zu ein wenig vorgerrückterer Stunde aufbrachen.
Ich hatte auch noch nicht wirklich ein ungutes Gefühl, weil ich davon ausgegangen war, dasss es sich beim Grossteil der Leute um Freunde meines Nachbarn hielt.

Das ich auch an diesem Tag, vermeintlich- verdächtige Beobachtungen machte, verschwieg ich meinem Mann lieber, denn der war nun mehr als dagegen, dass ich meine Runden regelmässig auf Stunden verlagere, in denen Menschen mit normalen Arbeitszeiten längst im Bett liegen.
Vor mir selbst tat ich das langsam aber sicher aufkommende, Gespür dafür, dass etwas nicht so ist wie es sein soll, als "Gespenster" ab, die ich wegen der Sache mit der Hündin unseres Nachbarn sah.
Ich wusste ja nach wie vor nicht, dass nicht ein einziger Vorfall mit ihr in Verbindung stand.


(-Die grüne Linie ist die Route, die King Kong und ich für gewöhnlich einschlagen. Sie beginnt in der Nähe der Kirche, geht die To Hieu Strasse nach links, führt dann nach recht oben über die Me Linh Strasse in das Viertel der Bahngleise und von dort aus nach recht die Cau Dat Strasse hinunter an die Kreuzung, wo wir nach rechts, erneut ein kleines Stück die To Hieu Strasse entlanglaufen um dann kurz darauf nach Links in die Hang Kenh Strasse abbiegen. Die laufen wir normalerweise dann eine Weile entlang, bis zu einem Verkaufsstand, an dem wir wieder umdrehen und die gleiche Strasse zurücklaufen, bis wir an den Markt kommen, von dem aus wir dann zum Sen See kommen, die Ho Sen Strasse rechts nach oben laufen und nach rechts über die To Hieu Strasse zurück nach Hause kehren.
-Die rote Markierung, zeigt die Strecke, die King Kong dann ab Mikas Verschwinden plötzlich gewählt hat. Kartenquelle: http://vietnamtravels.vn)

Dadurch, dass wir eine festgelegte Route haben die wir ablaufen, kennt King Kong den Weg und ist in der Regel einen Schritt voraus. Er läuft automatisch in die jeweiligen Strassenzüge, die ich als nächstes ansteuern würde. Sonntag Nacht, machte er eine Ausnahme. Die einzig ernsthaft leere Strasse -der Markt-, wollte er auch diesmal nicht ansteuern. Ich konnte ihn mit Mühe zwar noch einige Meter hineinlocken, aber er blieb immer wieder stehen und legte die Ohren an..-zumal er sowieso schon hinter mir lief und nicht wie sonst bereits munter und fröhlich vorraus.
Ich schob das eher auf die Tatsache das er wusste, dass am Ende des Marktes eine seiner Freundinnen, sein übriggebliebenes Essen von mir bekommen würde, was ihm gar nicht in den Kram passte.
Er ist ein kleiner Futterneider und ich redete mir ein, dass dies der Grund für seine Weigerung wäre.
Ich dachte mir aber, dass er schon wissen würde, was oder warum er das tat und fragte mich insgeheim allerdings dann doch, ob er nicht vielleicht spürte, dass irgendwas nicht so ganz stimmte.
Ich zwang ihn demnach nicht weiter und folgte statt dessen seinem neu gewählten Weg auf der belebteren Strasse.

Nach einer weiteren Nacht, konnte ich mir allerdings nicht weiter vormachen, dass die "Mitternachtsrunden", die ich so gerne habe, künftig noch zu verantworten sind.
Wie die beiden Nächte zuvor, hatte ich hin und wieder den Eindruck, dass ich unter Beobachtung stehen würde.
Immer wieder fuhren Motorräder mit Jungs an mir vorbei, die mich anstarrten.
Das kommt für gewöhnlich aber schon mal vor, da ich mit meinem Erscheinungsbild (Blonde Haare, blaue Augen, lange Nase) ja nun doch ab und an für Erstauenen sorge.
Mir war aber unerklärlicherweise klar, dass das nicht diese Art von Blicken war.
Das waren keine Blicke der Überraschung. Sie waren sehr gezielt und allesamt aus versteinerten und verschlossenen Mienen heraus.

Irgendwie war mir ab da eindeutig bewusst, dass hier was am laufen war.
Die seltsamen Vorkommnisse dieses und der vorangegangenen Tage, waren keine Zufälle, dessen war ich mir mit einem Schlag sicher und nach wenigen Minuten sollte sich das durch die Dummheit meiner Verfolger bestätigen.
Als ich in die Nähe eines Internetcafes kam, dass etwa auf halben Wege liegt, sah ein Trupp von etwa 4-5 "Mann" gerade auf und schickte sich dann, auf ihre Motorräder zu steigen und langsam an mir vorüberzufahren.

Während dem Vorbeifahren, meinte einer der Jungs auf dem Sozius: "Und, wie nun?!"
Der Vordermann antwortete: "Warte, sie wird gleich zurückkommen und dann schnappen wir sie uns in der Marktstrasse.."

"Aaachso! Na dann viel Spass beim warten Jungs!" dachte ich mir.
Ich rief anh Tung an, der ausser sich war vor Angst und Sorge und sich sofort auf den Weg zu mir machte, wofür ich ihm sehr dankbar bin, denn immerhin muss er morgens gegen 6 Uhr raus um Bi zur Schule zu bringen und dann im Anschluss selbst los muss zur Arbeit.

Am nächsten Abend wurde es ungeplanterweise noch ein weiteres Mal fast Mitternacht, als ich mit King Kong aufbrach. Anh Tung schimpfte und tobte, aber nichts half.
Ich kann unheimlich stur sein. Es lag nicht in meiner Absicht, nochmals das Glück herauszufordern, aber ich wollte auch nicht einsehen, dass anh Tung recht damit haben könnte, dass mir vermutlich niemand helfen würde, falls tatsächlich etwas geschehen sollte und das die vereinzelten Verkaufsstände mir im Fall der Fälle keinen Schutz böten, da diese oftmals Angst vor Repressalien haben, wenn sie sich in solche Angelegenheiten einmischen.

Ich versuchte damit zu beschwichtigen, dass die Kerle jawohl schon längst zugeschlagen hätten, wenn sie nicht die Anwesenheit weiterer Personen fürchten würden.
Ich wollte mich nicht beschneiden und einschüchtern lassen.

Mein armer Mann war machtlos und das letzte was er tun konnte, war mir das Versprechen abzunehmen, mich stets in der Nähe von anderen aufzuhalten, ja keinen Fuss in Richtung Markt zu setzen, mein Messer und eine Metallstange mitzunehmen -die er irgendwo im Haus für mich aufstöberte- und ihn unverzüglich anzurufen, sobald ich auch nur den leistesten Verdacht hätte, dass irgendwas nicht ganz normal wäre.

Er war wirklich wütend über meine ausserordentliche Stur-und Dummheit und liess mich nur unter grösstem Widerstand ziehen.

Es sah allerdings ganz danach aus, dass der Spuk vorüber war.
Weit und breit keine Spur von irgendwelchen zwielichtigen Gestalten,..bis-...ja bis kurz vor Ende unseres Rundganges. Ich befand mich kurz vor der Kreuzung hinaus auf die grosse Hauptstrasse, in deren Seitenarm auch unser Haus liegt.
Während King Kong gerade nichts-ahnend mit einer Freundin (der Chihuahuahündin eines Nachtwächters) die Gegend um mich herum unter die Lupe nahm.
Ich blickte auf und sah auf der gegenüberliegenden Strassenseite, vor einem kleinen Hotel der Hauptstrasse zwei Typen stehen, die verdächtig in meine Richtung starrten.

Einer trug eine Kappe ins Gesicht gezogen und lehnte an einer Hausmauer und der andere ging sichtlich nervös immer wieder auf und ab.
Letzterer sah ziemlich heruntergekommen und verwahrlost aus. Er hatte ungekämmtes Haar, eine abgeschnittene, ausgefranste und verdreckte Hose, ein ebenso verdrecktes, altes T-Shirt, lief soweit ich mich erinnere sogar barfuss oder hatte zumindest total durchgelatschte Schuhe an und war auch sonst schon schier schwarz vor Dreck.


(-Der blaue Punkt auf der Karte zeigt, wo ich mich befand. Die beiden grünen stellen die ursprüngliche Position meiner "Verfolger" dar. Die dünnen blauen-u.grünen Linien veranschaulichen, in welche Richtung wir uns gleichzeitig bewegten, als ich aus der Hang Kenh Strasse in die To Hieu Strasse trat.
-Die beiden orangefarbenen Punkte markieren die beiden Einfahrten auf meiner Strecke, von denen aus der Typ am Tag zuvor beobachtet hatte.
-Der graue Punkt ist das Internetcafe, aus dem die Gruppe von 3od.4 Leuten kam, die mich später in der Cho Con Strasse abpassen wollten. Kartenquelle: http://vietnamtravels.vn)

Wir hielten uns mindestens eine viertel Stunde dort auf, in der ich mehrmals unauffälig -was man von ihnen beim besten Willen nicht behaupten kann- einen Blick zu den Jungs warf.
Sie behielten mich die ganze Zeit über offensichtlich im Auge.
Als King Kongs Freundin schliesslich von ihrem Besitzer zu sich gerufen wurde, gingen auch wir weiter und just in dem Moment, in dem wir die letzten Meter zur Kreuzung zurücklegten, setzten sich auch die beiden Gestalten in Bewegung.
Die extreme Offensichtlichkeit und Auffälligkeit ihrer Handlungen verlieh der Situation etwas dermaßen groteskes, dass ich beinahe über den Ernst der Lage hinweg angefangen hätte zu lachen.

Nachdem das Hotel noch geöffnet war und auch ein Angestellter auf einen, vor dessen Eingang abgestellten Wagen Acht gab, fühlte ich mich relativ sicher.

Einer der beiden stieg auf sein Motorrad, sprach kurz etwas in sein Telefon und fuhr als ich die Kreuzung erreichte langsam an. Selbstverständlich nicht, ohne mich dabei eingehend zu Mustern und nach einigen Metern nochmal den Kopf nach mir umzudrehen.
Der andere überquerte die Strasse in sichtlich abgestimmten Tempo, um genau einige, wenige Schritte hinter mir auf meiner Seite anzukommen.

Ich konnte mir nicht verkneiffen, mir zu denken, wie unglaublich dämlich man sich doch anstellen konnte.
Da mehr als deutlich zu erkennen war, was hier gerade gespielt wurde, schützte ich lautstark die Idee vor, dass King Kong ja noch schnell die -ebenso mit ihm befreundete- Spitz-"Dame" des schräg gegenüberliegenden Hotels besuchen könne.

Ich rief dem Angestellten -den ich flüchtig kannte- zu: "Em ah, co con bong o day khong?" (Kleiner Bruder, ist "die Kugel" -so heisst der Hund- da?" und sagte nebenbei ebenfalls so laut zu King Kong, dass der hinter mir es mit Bestimmtheit hören konnte: "Cho em di tham con bong mot ty, nha?!" (Ich lasse dich die "Kugel" ein bisschen besuchen, einverstanden?!), während ich die Strassenseite wechselte.

Sichtlich verwirrt und scheins unschlüssig, was er jetzt tun sollte, blieb der "Dreckspatz" zurück.
Ich lachte mir ins Fäustchen, rief anh Tung an und bat ihn unverzüglich herzukommen.
Wissend, dass Tung sich sofort auf den Weg machen würde und in spätestens 1-2 Minuten Minuten bei uns sein würde, liess ich King Kong den Heimweg antreten.
Bei diesem Versuch jedoch auf der Seite des Hotels.

Kaum hatten wir die ersten Schritte getan, erwachte auch der "Schmutzfink" aus seiner Starre und setzte langsam einen Schritt vor den anderen. Stets darauf bedacht, maximal ein Stückchen vorraus zu sein.
Liess ich mich zurückfallen, verlangsamte er seinen Tempo oder blieb gar kurzfristig ganz stehen.
Dann traf aber auch schon Tung ein, was dem Vogel augenscheinlich vollends den Rest an Verwirrung gab.
Der war echt total fertig.

Tung fuhr gemächlich neben uns her und ich war heilfroh, dass er da war um uns zu beschützen, denn den Weg hier hätte ich nicht umgehen können, da es nur dieser zu unserem Haus führt.

Jetzt, wo Tung bei uns war, vergrösserte das schmuddelige "Etwas" schräg hinter uns seinen Abstand und war bald nurnoch schwer zu erkennen. Ich dankte anh Tung und dieser hielt mir eine Standpauke, die sich gewaschen hatte. Mir blieb nichts anderes übrig als endlich einzusehen, dass er vollkommen Recht hatte und ich äusserst fahrlässig meine eigene und vor allem aus meinem Egoismus heraus besonders King Kongs Sicherheit aufs Spiel setzte, da sie es ja nicht auf mich, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach auf ihn abgesehen hatten.

Wir waren eben erst ins Haus getreten, als ich ein Motorrad in unseren Gang fahren hörte.
Nach dem unseren, befinden sich lediglich noch 4 weitere vor dem Ende der Sackgasse, die ausschliesslich von älteren Leuten bewohnt werden, von denen zu solch vorgerrückter Stunde niemand mehr nach Hause kommt.
Darum wusste ich auch gleich, dass es nur Kumpane unseres Verfolgers sein konnte, als das Motorengeräusch an unserer Haustür vorüberzog.
-Und tatsächlich vernahm ich, wie das Motorrad anschliessend wendete.

Ich machte meinen Mann darauf aufmerksam, der zur Tür eilte um zu sehen, wer da draussen war.
Im selben Augenblick, in dem anh Tung die Tür öffnete, raste das Motorrad an uns vorbei und wahrhaftig:
Es war niemand anderes, als der Typ mit der Kappe.

"Er kam um zu sehen, wo wir wohnen. Jetzt wissen sie es." bemerkte anh Tung stumpf.
"Das wissen sie lange." gab ich zurück und erzählte meinem Mann von allen Ereignissen der letzten Tage und wie alles seinen Lauf genommen hatte.

Über zwei Jahre konnte ich die Ruhe und den Frieden des nächtlichen Hai Phongs geniessen und in aller Seelenruhe mit King Kong meine Runden ziehen und die anderen "Nachtschwärmer" treffen.
Damit ist nun wohl definitiv Schluss.

Wir wissen nun mit Sicherheit, dass man es auf King Kong abgesehen hat und hinter uns her ist.
Sie werden auf eine günstige Gelegenheit warten um zuzuschlagen.
Jetzt ist es an mir, ihnen diese Gelegenheit nicht zu bieten..

Dienstag, 17. April 2012

Modernes, weltoffenes Vietnam

Aktuell sitzen in der Haupstadt Hanoi 3 Blogger -allesamt Mitglieder des verbotenen Clubs freier Journalisten- auf der Anklagebank, denen in 421 Fällen Widersetzung gegen den Staat und die Verbreitung regierungsfeindlicher Propaganda vorgeworfen wird und denen im Falle einer Verurteilung Höchststrafen von bis zu 20 Jahren drohen.

Anlässlich dieser Meldung der (selbstverständlich staatlichen) Zeitung "Ho Chi Minh City Law", haben mein Mann und ich uns nicht schlecht gewundert, als unser Stepcke neulich von der Schule kam und berichtete, die Lehrerin hätte ihren Schützlingen aufgetragen, als Hausarbeit jeweils einen eigenen, ganz persönlichen Blog anzufertigen.

Ein Blog? Für eine zehn-jährige?!

Und das auch noch in einem Land, in dem die freie Meinungsäusserung ausdrücklich nicht erwünscht ist?!

Das bloggen war immerhin im "Nahen Osten" mitunter Auslöser für den arabischen Frühling.
In Ländern wie China oder bislang auch in Birma, verschwinden immer wieder aktive und politisch-engagierte Blogger von der Bildfläche, werden unter Hausarrest gestellt oder für viele, viele Jahre und Jahrzehnte hinter "schwedische Gardinen" gebracht.
Vietnam steht seinen "grossen Brüdern" in dieser Angelegenheit eigentlich nicht in sonderlich viel nach.
Was (zur Hölle) veranlasst somit diese Lehrein einer vierten Grundschulklasse, den Kindern aufzutragen, eben das zu tun? Zu schreiben, was sie denkt?

Mal ganz abgesehen davon, dass wir es für völlig unangebracht halten, unser Kind mit einer Medie herumspielen zu lassen, mit der- und mit deren  Auswirkungen sie in diesem Alter überhaupt noch nicht umzugehen vermag.
Zum Bloggen gehört meiner Meinung nach dann doch mindestens bereits ein Gefühl dafür, was man der Öffentlichkeit (immerhin der ganzen Welt!) für Informationen aus seinem Privatleben zur Verfügung stellen kann und sollte- welche man im Gegenzug besser das lassen sollte, was sie sind: nämlich privat und was für Konsequenzen die verkehrten Äusserungen unter Umständen mit sich bringen.
Von Internetmobbing, Verleumdungen und Attacken auf die eigene Person in dieser Altersklasse ganz zu schweigen.

Vielmehr beschäftigt uns aber die Frage, was für ein Sinn, bzw welche Motive hinter dieser Aufgabe stecken.

Eine befreundete Bloggerin, ebenfalls eines deutschprachigen Blogs aus und über Vietnam, hielt es neulich sogar für angebracht einen Kommentar zu einem ihrer Beiträge zu zensieren bevor er in die Veröffentlichung ging. Der Anlass war ihre Sorge einer allzu kritischen Meinungsäusserung von mir über unseren vietnamesischen Stammvater.
Wie legitim ist das? Steht es uns überhaupt zu, als Ausländer in diesem Land das System zu kritisieren oder anzuprangern und wie weit lehen wir uns dabei im Endeffekt wirklich aus dem Fenster?
Ich liebe mein Gastland. Vietnam hat wie jedes andere Land auf der Welt seine guten, aber leider nunmal auch seine schlechten Seiten.
Meiner Meinung nach hat Vietnam keinen Grund sich vor Kritik zu fürchten.
Ein Wandel weg von der Vetternwirtschaft wird sich auch so nicht aufhalten lassen.
Schon allein daher nicht, weil es bereits zum gewaltigen Sprung nach vorne angesetzt hat und sich somit der Welt öffnet - und wenn das Tor zur Welt offen steht, lässt sich auch ein Umschwung nicht mehr abwenden.

Das mein eigener Blog -wenn man das so sagen mag- politisch ebenfalls nicht immer ganz so korrekt ist, hat mir bisweilen trotzdem noch keinen Anlass zur Sorge gegeben, da er sich hauptsächlich mit privaten Dingen und Alltagserlebnissen auseinandersetzt.
Ist es insgeheim aber ein Spiel mit dem Feuer?
Und was ist mit anderen? Wieviel "Immunität" geniessen wir als Ausländer? Wie "unantastbar" sind wir?
Riskiere ich vielleicht-ohne es zu wissen- die Verlängerung meines Visums oder gefährde den geplanten Antrag auf die vietnamesische Staatsbürgerschaft?
Mir bleibt einzig zu hoffen, dass dem nicht so ist denn darauf zu verzichten, die Dinge beim Namen zu nennen, würde sich vermutlich nicht mit meinem Charakter vereinbaren lassen.

Was unsere Kleine anbelangt, haben wir die gewagte These aufgestellt, dass genau diese unschuldige und unbedachte freie Meinungsäusserung eines Kindes das Ziel sein könnte.
Frei nach dem Motto: Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser!
Ich meine was wird so ein Mädchen von 10 Jahren denn schon schreiben?

"Gestern bin ich mit meiner besten Freundin Thi Fahrrad gefahren. Sie hat von ihren Eltern ein brand-neuse Bike bekommen. Ganz in rosa und mit Fähnchen am Lenker. So eines will ich auch! Meine Eltern haben aber gesagt, dass wir uns das im Moment nicht leisten können und dann wieder auf die hohen Preise geschimpft. Daran sind nur "die da oben" verantwortlich, sagen sie. Wen sie wohl damit gemeint haben?! 
Ist mir auch schnuppe. Jedenfalls kriege ich deswegen mein Fahrrad nicht." :(

Sicher würde sie einfach sagen was sie denkt. Frei jeglicher "Zensur" oder "Berrechnung".
"Meine Eltern, Tante, Onkel, Nachbarin oder grosse Schwester hat dies oder jenes gesagt oder getan.."
Der perfekte kleine Spion sozusagen und so ein "Online-Tagebuch" zudem die perfekte "Akte" über Gedankengut und Aktivitäten des Umfeldes des betreffenden Kindes.

Gerissen wäre es - ohne Frage.
Allerdings fast schon zu ungeheurlich, um wahr zu sein. Oder etwa nicht?!

Wir schliessen aber auch nicht aus, dass die Kleine lediglich mal wieder was in den falschen Hals gekriegt hat, oder die Geschichte sogar nur von ihr ausgedacht sein könnte, damit wir ihr das Anlegen solch eines Blogs gestatten, weil vielleicht Klassenkammeradinnen oder Freunde bereits so was haben.
Bleibt abzuwarten, was daraus wird. Sollte das Ganze nämlich tatsächlich der Wahrheit entsprechen, denke ich, dass sich sicherlich nicht wenig Eltern gegen sowas quer stellen würden.
Denn gänzlich ohne Mitspracherecht und Entscheidungsfreiheit ist Vietnam in diesen Tagen nicht mehr.

Samstag, 14. April 2012

Mutiger Polizist aus Vietnam klammert sich an rasenden Bus

Nachdem ich mich zunächst hartnäckig geweigert habe,
dieses Video zu posten, seit ich es gestern Nacht das erste Mal
zu Gesicht bekommen hatte, komme ich nun nicht drum rum,
es doch zu tun, weil die ausländischen Medien (deutsche, österreichische,
amerikanische, usw) den Clip rauf und runter spielen.

Anfangs habe ich die Echtheit des Falles bezweifelt, weil in der
ursprünglichen Version die ich gesehen habe, der Polizist den
„Kameramann“ in aller seelenruhe frägt, ob dieser schon aufnehme
und erst im Anschluss darauf auf den Bus „steigt“.

Gerade habe ich es meiner „Stiftung vietnamesische Waren-Test“
(meinem Mann) gezeigt und vertrauend auf seine Testergebnis, dass
das Video bestimmt echt wäre -sprich nicht gestellt-, poste ich es nun
doch:




Zum Fall:

Der junge Polizist in der vietnamesischen Hauptstadt Hà Nội
wollte den Medienberichten zufolge die Papiere
dieses Busfahrers  kontrollieren.
Da der jedoch schon mal als Verursacher eines schweren Verkehrsunfalls
knappe 4 Jahre einsaß, hatte er wohl Panik ein weiteres
Mal verknackt- u. eingebuchtet zu werden und gab einfach Gas.

Der mutige Beamte wollte ihm das aber scheinbar nicht durchgehen
lassen und klammerte sich kurzerhand an die Scheibenwischer des Busses.

Gemeinsam fuhren die beiden dann rund eine halbe Meile bei
Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 31 KM/h (laut amerikanischer Medien) und
teilweise bis zu über 50 KM/h (laut deutschen und österreichischen Medien)..
(1A Recherche sag ich da nur)

Gefilmt wurden sie dabei von einer mobilen Streife und später dann von
beherzten Passanten und einer Polizeisperre gestoppt.

Dem Fahrer drohen nun erneute 3 Jahre Gefängnis für diesen kleinen
„Ausflug“ mit einem Hüter des Gesetzes an seiner Windschutzscheibe.

Und der hat übrigens Glück gehabt, dass es an diesem Tag nicht geregnet hat...

Mein Fazit:

Die Szene, in der Leonardo Di Caprio und Kate Winslet als Jack und Rose, in 
"Fliegerpose" in der neuen 3D Fassung von James Camerons "Titanic" am Bug des
Schiffes dem Sonnenuntergang entgegenfahren, ist nichts im Vergleich zu dieser
beherzten Einlage unseres Beamten 

Mittwoch, 8. Februar 2012

(CATINAT) - Meine Freizeit in Sài Gòn (3.Teil)

Ich darf das alles in der Gegenwartsform beschreiben, obwohl ich „umgezogen“ bin. Allerdings nicht alleine : der Waiter aus dem Sài Gòn - Cafe ist in die Bùi Viện ins „La Vang“ gezogen , und ich zum Teil mit ihm.


Zum anderen Teil wanderte ich in die Dependance von Cappuccino gleichen Namens in der Bùi Viện . Auch dort stosse ich auf „alte Bekannte“ unter den netten maennlichen und weiblichen Bediensteten . Geschichte eben ....
13 Jahre verbinden uns. Auf dem Bild traegt er das Sofateil , auf dem er naechtigt, zum Reinigen auf die andere Strassenseite des Doppelbistros mir der einen Kueche im Hintergrund.


Meine Frau hat verstaendlicherweise einen Horror vor Alkohol : im Augenblick wieder kuemmern wir uns fast verzweifelnd um den uns so lieben Schwager, der „es nicht lassen kann“. Ich habe es versucht, ihn allabendlich zum Bier einzuladen, um den Konsum etwas zu kontrollieren. Da fand seine Frau, die Schwester meiner Frau, in ihrer Wohnung schlecht versteckt, viele Wasserflaschen mit Hochprozentigem. Die Wohnung, die sie bewohnen, durfte ich nach Jahren fotografieren – demnaechst werde ich sie hier vorstellen. Wie einfache Saigoner Staedter wohnen.



Mein Spezialgedeck im La Vang

Ich trinke abends , meistens im La Vang, ein oder zwei Pinnchen vietnamesischen Rhum zum Kaffee. Die Waiter wissen : sie bringen es mir in der weissen Tasse abgefuellt , die ich unter die weisse Muetze tue, falls meine Frau vorbeikommt. Es geht also nach so langer Zeit „familiaer“ zu.
Mehr und mehr habe ich den Geschmack daran verloren, mich anderen Gaesten dort zu widmen. Ich hoere manchmal zu. Nur wenn die Gaeste, woher auch immer, sehr, sehr nett sind und mich etwas fragen, wende ich mich ihnen zu. Meine Freunde, sagt auch meine Frau : sind die Buecher, die ich dort lese. Eigentlich alles , vom Thriller ueber Gedichte bis zu Astronomischem. Und ich schreibe. Mein drittes privates Buch jetzt. Alles dies immer in der Zeit zwischen 21 und 24 Uhr. Es ist fuer die Enkel , wenn ich nicht mehr da bin.

Inspirieren lasse ich mich dabei vom ersten Stock aus von dem Blick auf die Einmuendung der Đỗ Quang Đẩu . Ein Holzrahmen auf dem Gelaender vor mir koennte den Fernseher noch voll ersetzen. Das Programm : Sex and Crime. Drei Handtaschenueberfaelle, eine Messerstecherei, ein recht blutiger Unfall mit Motobikes. In drei Monaten. Ein Bekannter, ein netter Landsmann, ca. 35 Jahre, oft Gast im La Vang, kam dagegen vor ein paar Wochen eher unspektakulaer aber geheimnisvoll auf der Toilette seines Hotels ums Leben. 
 

                                                So kann es schon mal aussehen

Buecher kann ich schraeg gegenueber tauschen. Um Mitternacht will auch mein Waiter seine wohlverdiente Ruhe haben. Was er mit seinen Angestellten leistet, ist Schwerstarbeit . Auch wegen der Strassenueberquerungen und den Etagenstiegen.

Dann kommt auch meine Frau vorbei, und wir haben den Abend gerne beendet mit einem naechtlichen Rundgang durch die Boulevards, die nun unter die Herrschaft der Ratten fallen. Ein weiteres interessantes Thema , an dem ich arbeite.

Wir schliessen unseren Rundgang noch gerne mit einem kleinen Saftumtrunk am Rande des Boulevards Cư Trinh ab, auch mit kleiner Gruppe.


Leider, leider , auch hier Geschichte : gegenueber dem ehrwuerdigen Hotel Metropole. Das ist jetzt abgerissen. Aber hinter dem Abriss habe ich noch eine reizvolle alte Nestle-Reklame gefunden.


Das Wesen einer organischen Metropole besteht darin, dass hier etwas altes vergeht, nicht weit davon aber etwas Neues entsteht. So brauche ich mir um die Zukunft meiner Freizeit in Sài Gòn also keine Sorgen zu machen.