Willkommen auf meinem Blog

Auf dieser Seite findet ihr -in den verschiedenen Rubriken unter dem Titelbild- viele nützliche Infos rund um das Thema Vietnam und zudem jede Menge lustig-bis spannende Anekdoten aus meinem Alltag, als Schwiegertochter einer vietnamesischen Familie..

Berichte von Wolzoff aus Hue

Blutiger Alltag in Vietnam
(Aus Pietätsgründen ohne Bilder)

Ich komme grad aus dem Krankenhaus. Meiner Freundin geht's nicht so gut. Alles was sie isst oder trinkt, kotzt sie gleich wieder aus. Umgehend. 3 Tage geht das nun schon so. Sie ist erschreckend dünner geworden. Aber das ist nicht das Problem. Wasserverlust und mangelnde Elektrolyte machen ihr grad das Leben schwer. Neben den Schmerzen, die die eigentliche Krankheit verursacht. Sie beschreibt es mit "dau da day" (Magendrücken). Ich tippe eher auf Gastritis. Was es wirklich ist, erfahre ich morgen, wenn ich ihr die Medizin aus der Apotheke geholt habe. So wie sich das für einen ordentlichen Ehemann gehört (und dabei sind wir noch nicht einmal verheiratet).
Bevor wir ins Krankenhaus fuhren, musste ich noch die gebuchten Tickets für unseren AusFlug nach Sai Gon umbuchen. 2 Tage später. Aus meiner Sicht geht die Gesundheit ja vor. Wir müssen ja nicht. Aber sie will mit mir unbedingt alleine sein. Nur Buddha weiss warum. Deswegen ja das Krankenhaus. Der schnelleren Genesung wegen.

Im Krankenhaus

Wir sind dann am Abend losgefahren. Meine Freundin Phuong, ihr Neffe Vu (der sie chauffiert hat), die Krebskranke Schwester Thom und ich.
Dort angekommen, wartet schon das erste blutige "Erlebnis" auf mich. Zwei Mopedfahrer mit gebrochenen Beinen und den dazugehörigen offenen Wunden. Unschön. Einmal der Mittelfuss komplett gebrochen und bei dem anderen ein kaputtes Knie mit Rippenbrüchen. Ich nehm's vorweg, beide sind noch an dem selben Abend nach Hause gefahren (eine Übernachtung wäre auch zu teuer und unnötig). Natürlich per Moped.
Die beiden waren aber trotzdem gut gelaunt und scherzten. Obwohl das laut Krankenhausordnung verboten war. Überhaupt war dort alles verboten, was vielen Vietnamesen Freude bereitet.
Scherzen, Rauchen, Bier trinken, Schnaps trinken und das Handy benutzen (ausser es ist für die Diagnose und Benachritigung Angehöriger notwendig).

In der Notfallaufnahme des Universitätskrankenhauses von Hue bekamen wir eine, schon etwas mit Blut beträufelte, Liege zugewiesen, auf der die gesamte Begleitung erstmal Platz nahm. Die Kranke in der Mitte. Nachdem sich der Arzt einen Zugang zur Patientin gebahnt hatte, bekam ich erstmal die Rechnung (angemerkt sei, das ich darauf bestanden habe, das Krankenhaus zu bezahlen. Iss ja meine Freundin. Das Geld ihrer Mutter habe ich abgelehnt). Also bezahlen und behandeln. Die Behandlung bestand nun aus 600 ml Nährsalzlösung, die der Patientin, mittels Zugang in ihrer Hand, eingeflöst wurde. Sowas kann dauern.
Wegen der daraus entstehenden Langeweile, habe ich begonnen die umliegenden Patienten zu beobachten und ihre möglichen Krankheiten herauszufinden. Nachfragen ging ja nicht. Alles lag dichtgedrängt beieinander. Dauernd störten den Arzt die Mitgereisten Familienmitglieder. Diese mussten dann nach draussen gehen, um gleich wieder reinzukommen und nachzufragen, wie es um den/die Patienten/Patientin bestellt sei. Ich tat es allen gleich. Nur fragte ich nicht so viel.
Es dauerte nicht lange und das nächste Unfallopfer wurde per Taxi angeliefert. Und es trieb mir ein Schaudern unter die Haut. Ein etwa 12 Jahre alter Junge, dessen komplette rechte Seite kaputt war. Ich weiss nicht wie ich es beschreiben soll. Aus seinem Kopf trat sehr viel Blut aus und unterhalb kam auch nicht weniger Lebenssaft heraus. Er war bewusstlos. Mit dabei, seine Mutter. Aber kein heulen, kein schreien. Kein Aufgeregtes Plappern. Sie war sehr gefasst, aber innerlich, das war ihr anzumerken, aufgelöst. Auch der Junge bekam eine Liege und die mitgereisten Verwandten erstmal die Rechnung.
Wir mussten unterdessen in ein anderes Zimmer. Erstmal zum Blutabnehmen und dann zum Ultraschall. Unterwegs zählte ich wieder Ratten. Eins, zwei ... bis wir das Krankenhaus weit nach Mitternacht verliessen kam ich auf ca. 20.
Wieder zurück in der Notaufnahme sollte sich ein Bild in meinem Kopf einbrennen. Die Mutter des verunfallten Jungen, mit seinen blutigen Anziehsachen unter dem Arm stand in der Eingangstür. Gefasst, äusserlich und innerlich bebend. Sie wartete auf irgendwas und ich bin mir nicht sicher, ob sie selber wusste worauf. Sie sollte mir noch den ganzen Abend lang erscheinen. Heraus aus einem Zimmer, wieder hinein in ein Zimmer. Äusserlich gefasst und innerlich aufgelöst.
Irgendwann schob man den Jungen wieder an uns vorbei. Ein wirklich schrecklicher, traurigmachender Anblick. Aber er war wieder bei Bewusstsein. Gott, Allah und Buddha sei Dank. Wäre dem nicht so hätte ich Tränen vergossen, ohne ihn oder seine Familie zu kennen.
Vu verabschiedete sich, es war inzwischen 22 Uhr. Wenig später wurde auch "Chi Thom" abgeholt. Ich blieb und schaute der Nährsalzlösung beim tropfen zu. Ab und zu "musste" ich eine rauchen. Gleich um die Ecke vom Eingang wurde der Abfall aufgestapelt. Ein prima Ort zum Ratten zählen.
Und immer wieder erschien sie. Die Mutter, mit dem blutigen Bündel unterm Arm. Innerlich geschockt, aber äusserlich gefasst.
Aber trotz fortgeschrittener Stunde: Kranke kommen, Kranke gehen.
Irgendwann tauchten dann drei Mafiosis auf. Der Jüngste mit eingedrückter Nase. Dem Arzt gefiehl das gar nicht, wie man nicht übersehen konnte. Aber sie bestanden darauf, behandelt zu werden. Also bezahlen, dann behandeln. Die Bemühungen des Arztes, die drei nach Hause zu schicken, liefen ins Leere. Und so machten es sich alle drei auf einer Liege bequem und warteten, das der Jüngste behandelt wurde. Da das, ob des schwerverletzten Jungen, ein wenig dauerte, schliefen zwei von ihnen ein. Ein ganz fieser behielt mich fest im Auge. Was muss ich zu der Zeit an dem Ort für ne Erscheinung gewesen sein.
Weit nach Mitternacht, die Tropfende Nährsalzlösung neigte sich dem Ende entgegen, kamen drei wirklich Arme vom Lande herein. Im Schlepptau eine Frau, die gar nicht gesund aus sah. Schlechte zähne, verstört bis verschüchtert und blaue Flecken am Arm die keiner erklären konnte. Der Ehemann, sein rechter Fuss war wohl infolge von Dioxin verstümmelt, stand dem Arzt Frage und Antwort. Aus der Frau war nicht viel herauszubekommen. Sie wurde untersucht und der Arzt erschrak zusehens immer mehr. Wie sich später herausstellte, litt sie an einer Art Fieber. Die Chancen auf weiterleben nicht soi gross. Das Ärzteteam machte sich grosse Sorgen um sie. Ich war, ehrlich gesagt froh, als die Flasche Nährsalzlösung endlich alle war und wir gehen konnten. Die Mafiosis hatten mich noch immer im Blick und der armen Frau "schwante" so langsam, das es nicht gut um sie stand. Beim herausgehen sprach meine Freundin mich an. Die Leute sind sehr arm und die Arme sehr krank, ob ich nicht 500 tausend hätte, damit sie die ihnen geben könne. Ich holte das Moped, sie brachte das Geld. Draussen vor der Tür: die Mutter. Immernoch innerlich aufgewühlt und äusserlich gefasst. Dann fuhren wir wieder Heim.
Was für ein Abend.
Und seit heute weiss ich (nach 2 Jahren zweifeln), meine Freundin liebt mich wirklich. Soll das mal einer alles verstehen.

1 Kommentar:

  1. Aufjedenfall sehr interessant und beängstigend ^^Das wünscht man keinem. Hab immer Angst wenn ich von meiner Freundin höre das sie nen kleinen Bike unfall hatte. Si ekann glücklicherweise, dank ihres Vaters, in ein Militär Krankenhaus und muss nicht erst bezahlen.

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